Von Marc Uthmann
Versmold.
Die Bombe ließ Clemens Tönnies erst auf Nachfrage platzen: "Das Werk Menzefricke ist nicht zukunftsfähig", sagte der Inhaber der Zur-Mühlen-Gruppe, die im Dezember den Versmolder Fleischwarenhersteller Nölke übernommen hat, am Rande des Richtfestes für das neue Logistikzentrum von Gerry Weber inHalle.
Damit sprach der schillernde Unternehmer aus, was viele Mitarbeiter des Versmolder Unternehmens bereits befürchtet hatten: Die marode Fabrik unter dem Dach der Nölke-Gruppe, in der zuletzt noch rund 60 Mitarbeiter tätig waren, wird mittelfristig aufgegeben.Dabei hatte sich Tönnies - vom Haller Kreisblatt angesprochen auf die Situation bei Nölke nach der Übernahme durch seine Zur-Mühlen-Gruppe - zunächst durchaus optimistisch gezeigt: "Wir müssen den Betrieb jetzt zukunftsfähig machen. Der Standort Versmold steht dabei nicht in Frage." Viel mehr könne er aber nicht sagen, da er nicht direkt in die Prozesse eingebunden sei, die vom geschäftsführenden Gesellschafter der Zur-Mühlen-Gruppe, Axel Knau, gesteuert würden.
Auf konkrete Nachfrage zum Werk Menzefricke, das Nölke neben dem Stammsitz an der Ziegeleistraße unterhält, gab Clemens Tönnies dann jedoch sehr präzise Auskunft: "Menze-fricke ist mittelfristig nicht zukunftsfähig", sagte der Unternehmer und benutzte dann die Formulierung, das Werk sei "abgängig". Was übersetzt nichts anderes bedeutet, als dass der Standort aufgegeben wird, weil sich eine Sanierung nicht lohnt.
Was das für die nach HK-Informationen gut 60 verbliebenen Mitarbeiter vor Ort bedeutet, konnte Tönnies hingegen nicht konkret sagen, er gab sich allerdings betont kämpferisch: "Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen." Derzeit liefen konstruktive Gespräche mit dem Betriebsrat. Der Nölke-Betriebsratsvorsitzende Jürgen von Stürmer war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Generell würden die Weichen bei der Nölke-Gruppe "in den kommenden Monaten gestellt", so Tönnies weiter.
Die Entwicklung von Menzefricke kommt nicht überraschend, wurde von den Nölke-Verantwortlichen jedoch bislang nicht kommuniziert. Seit Jahren war bekannt, dass die traditionsreiche - 1898 gegründete - Fabrik nicht mehr zeitgemäß aufgestellt ist. Schon 2009 hatte Nölke Pläne öffentlich gemacht, das Werk abzureißen und ein neues Rohwurstwerk am Stammsitz an der Ziegeleistraße zu errichten. Grund dafür war unter anderem, dass die Betriebsgenehmigung für Menzefricke Ende 2012 auslief.
Doch dann rutschte Nölke massiv in die Krise, das 50-Millionen-Euro-Projekt wurde beerdigt - aber auch der Menzefricke-Abriss war vom Tisch. Stattdessen investierte das Unternehmen noch einmal 8,5 Millionen Euro - den Großteil davon bei Menzefricke, um das Werk unter anderem mit Blick auf Brandschutz und Hygiene für die Produktion zu erhalten. Von modernen Produktionsabläufen und zeitgemäßen Maschinen war die betagte Fabrik allerdings weiterhin weit entfernt. Im Zuge der Krise nahm zudem kontinuierlich die Zahl der Mitarbeiter bei Menzefricke ab: Waren es 2010 noch 180, sank sie bis 2012 auf 130; zuletzt waren nur noch gut 60 am Standort beschäftigt.
Und so wurden die Sorgen der Versmolder Nölke-Mitarbeiter schnell groß, als nach der Übernahme durch die Zur-Mühlen-Gruppe und der Aufgabe des Standortes Waren bekannt wurde, dass ein weiterer Standort auf der Kippe steht: Diese Sorgen hat Clemens Tönnies nun bestätigt.