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Der Morgenstern ist gut aufgegangen

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Von Nicole Donath

Halle.
Eines haben die Menschen aus der Zeit mit Kirchenmusikdirektor Burkhard Schloemann verinnerlicht: Während der Bach-Tage hat man den künstlerischen Leiter in Ruhe zu lassen! Am Tag eins nach der 52. Auflage des Haller Kulturfestivals sitzt Martin Rieker also an seinem Tisch, umgeben von seiner Orgel und seinem Flügel und all seinen Büchern und trinkt in Ruhe Kaffee. Ein wenig müde, aber glücklich und in sich ruhend. Indes, die Zeit des Urlaubs ist für den Kirchenmusikdirektor nicht gekommen.

"Sonntagabend, nach diesem wunderschönen Konzert »Seelenklänge« mit dem Leipziger Sjaella-Vokalensemble, habe ich erst in Ruhe noch ein Glas Wein getrunken", erzählt der 62-Jährige. "Und das war gut: Dieses Gefühl zu haben: Jetzt bin ich nicht mehr zuständig." In einen tiefen Schlaf fiel Martin Rieker danach allerdings nicht. "Nein, in der Nacht habe ich noch das Gerüst fürs nächste Jahr gemacht. Man sieht halt die Leute, spinnt weiter, sammelt Ideen...", fährt der gelernte Orgelbauer mit Blick auf diesen Schaffensfluss fort. "Und so entstand auch sogleich das Thema für 2016: »Von der Klage zum Reigen«. Klage als ein anderer Ausdruck der Trauer, Reigen als Assoziation von Freude - aber eben mit mehr Bewegung, mit Tanz. Klar ist auch schon, dass es die Marienvesper von Monteverdi geben soll. Allein die Idee für den Kunstwettbewerb ist noch nicht geboren.

Gerade mit Blick auf die jüngsten Haller Bach-Tage hat Martin Rieker weiterhin einen großen Wunsch - wenn er beispielsweise an das Orchesterkonzert in der Aula denkt. Es ist jener Wunsch nach einem Saal in Halle für rund 200 Besucher, der hervorragende Akustik bei Liederabenden oder Lesungen bietet. "So etwas fehlt sehr", stellt er fest. Losgelöst davon ist die hohe Qualität der zehn Konzerte in 2015 unumstritten. Allein die 3700 Besucherinnen und Besucher, die in die Lindenstadt gekommen sind, zeugen davon. Auch Kulturbeauftragte Susanne Debour, die für die reibungslose Organisation der Bach-Tage verantwortlich zeichnet, bestätigt das: "Diese tollen Stimmen, die wir gehört haben, die wundervolle Musik - man ging nach den Konzerten beseelt nach Hause. Fantastisch Händels »Messias« oder das Sjaella-Vokalensemble. Auch der Chor ist so besonders, so voluminös. Es war einfach richtig gut", fasst Susanne Debour zusammen. Martin Rieker lobt im Gegensatz die "traumhafte Zusammenarbeit" mit ihr: "Halle wirbt mit Fahnen und Plakaten, die Bach-Tage werden von allen wahrgenommen. Ausschüsse werden in diesen zwei Wochen ausgesetzt und die familiäre Atmosphäre ist so besonders, dass sich die Künstler auch bei hundert Konzerten im Jahr gerade auf ihren Auftritt in Halle freuen." Natürlich habe man das Thema »Morgenstern« nur anreißen können, endet Rieker. "Wir hätten das Programm noch um den Tannhäuser oder Vorträge erweitern können, denn der Mythos ist ja viel umfassender." Aber der Morgenstern leuchtet ja weiter. Rückblickend auf die tiefe, schöne Musik - und vorausschauend auf Klagen und Reigen.


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