Von Philipp Kreutzer
Steinhagen. Ist das ein Angriff auf die Gesundheit des Gegners oder regelkonformes Torwartspiel? An dieser Frage entzündet sich zurzeit in der Frauenhandball-Oberliga eine hitzige Debatte. Im Mittelpunkt steht eine Torfrau des TuS Drolshagen, die am Samstag mit ihrer Mannschaft bei der Spvg. Steinhagen gastierte. Bei eben jener Spvg. Steinhagen, deren Trainer schon nach dem Hinspiel Vorwürfe gegen die Hüterin erhoben hatte.
Olaf Grintz spricht von einer "unorthodoxen" Art des Torwartspiels, die Vanessa Bachmann betreibe. Sequenzen aus dem Videoportal Sportlounge bestätigen die Einschätzung des Steinhagener Trainers: In Spielen gegen Oerlinghausen und gegen Steinhagen verfährt Bachmann sehr resolut nach dem Prinzip »Der Torraum gehört mir«. Sie springt gegnerischen Spielerinnen, die beim Wurf in den Kreis fliegen, mit gestreckten Beinen entgegen, so dass es zur Kollision kommt. "Dass eine Torhüterin rauskommt, um den Winkel zu verkürzen, ist völlig normal", betont Grintz, der neben seiner Tätigkeit für die Spvg. als Torwarttrainer beim Handballverband Westfalen fungiert: "Aber wenn sie mit den Füßen voraus in den Gegner springt, dann geht es darum zu verletzen."
Eine der Leidtragenden von Zusammenstößen mit Vanessa Bachmann ist Marianne Wiens (27). Steinhagens Linksaußen trug in der vergangenen Spielzeit aus einer ihrer Begegnungen mit der Torhüterin einen Schuhabdruck im Gesicht davon. Im Hinspiel dieser Saison in Drolshagen kam es erneut zum Zusammenprall, im Rückspiel am Samstag war Steinhagens Bianca Kickel betroffen.
In sozialen Netzwerken kursieren nun Videos mit entsprechenden Szenen sowie Fotos von (Gesichts-)Verletzungen, die aus Drolshagener Partien gegen Oerlinghausen und Riemke stammen sollen. So zeigt die Mannschaft von Teutonia Riemke auf ihrer Facebookseite Bilder einer Akteurin mit lädierter Schulter, versehen mit dem Hinweis: "Im Spiel gegen Drolshagen gab es einen schweren Zusammenstoß mit der gegnerischen Torhüterin und unserer Rechtsaußenspielerin (...). Daraufhin musste sie mit der Diagnose Riss der Supraspinatus-Sehne und Entzündung der Bizepssehne operiert werden."
Die Riemkerin, die aufgrund der Verletzung seit Wochen krankgeschrieben ist, erwägt nun, zivilrechtlich gegen Vanessa Bachmann vorzugehen. Steinhagens Marianne Wiens kann sich vorstellen, sich einer Klage anzuschließen oder zumindest in einem Prozess für eine Aussage zur Verfügung zu stehen, denn: "Was Drolshagens Torhüterin macht, ist sehr gefährlich."
Vanessa Bachmann selbst betont, "dass ich niemanden absichtlich verletzt habe". Mehr möchte die 29-Jährige, die auch als Jugendtrainerin und Schiedsrichterin aktiv ist, nicht sagen. Sie verweist auf Serkan Karaman, einen der beiden Trainer und zugleich Sportlicher Leiter der Mannschaft. Der hält die Vorwürfe gegen seine Torhüterin für "aus der Luft gegriffen" und spricht von "übler Nachrede". Karaman leugnet die Kollisionen nicht, er spricht jedoch von "unglücklichen Aktionen", die "ohne Absicht" geschehen seien. Er betont zudem, dass keine einzige Aktion Bachmanns von Schiedsrichtern bestraft worden sei, und er erläutert: "Vanessa winkelt ihre Beine beim Herauskommen nicht mehr an, seit sie ihren dritten Kreuzbandriss hatte."
Diese Auskunftsfreude hätten sich auch Grintz und Wiens gewünscht. E-Mails des Steinhagener Trainers, die dieser nach dem Hinspiel in der Angelegenheit abgeschickt hatte, haben Verantwortliche des TuS und die Torhüterin bislang jedoch unbeantwortet gelassen. Auch am vergangenen Samstag habe kein Gespräch stattgefunden. »Mika« Wiens findet vor allem "traurig, dass es nie eine Entschuldigung gab, weder von der Torhüterin noch vom Drolshagener Vorstand".
Grintz möchte dennoch weiter den Kontakt zum TuS suchen und zudem die Schiedsrichterlehrwarte für das Thema sensibilisieren. Denn ob Absicht oder nicht: Gesprächsbedarf scheint in jedem Fall zu bestehen, damit es keine weiteren Verletzten gibt.
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