Von Philipp Kreutzer
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Versmold.
„Portero”, antwortet Adrian Rey Aragon auf die Frage nach seiner Position und lächelt. Der Torwart ist neu bei Español Versmold, am Sonntag will er zum ersten Mal in einem Pflichtspiel den Kasten des C-Ligisten sauber halten. Es ist aber nicht der Fußball, der den 25-Jährigen aus Spanien in die Fleischstadt gelockt hat. Sondern die Hoffnung auf ein besseres Leben.
Rey Aragon ist einer von fünf neuen Español-Spielern, die erst vor wenigen Wochen von der Iberischen Halbinsel nach Versmold gekommen sind. Sie alle sind Opfer der heftigen Wirtschaftskrise in ihrem Heimatland, die unter den jungen Menschen eine Arbeitslosenquote von rund 50 Prozent ausgelöst hat. Rey Aragon arbeitete in Cádiz in einem Betrieb für Metallverarbeitung, sein jüngerer Bruder Aaron (20)
hat den Beruf des Gärtners gelernt. Roman Enriquez Fernández (25) ist Elektriker, er kommt wie Alberto Fernández Cerviño (26), der in der Autoindustrie tätig war, aus Versmolds Partnerstadt Tui.
Alle verloren ihre Jobs, und es gab für sie genauso wenig wie für Sergio Alonso (20), der auch aus Tui stammt und gerade die Schule beendet hat, eine Aussicht auf neue Beschäftigung. Für die Chance auf Arbeit und eine Zukunft ließen die fünf ihre Familien und Freunde zurück. „Es ist nicht leicht gewesen, aus Spanien wegzugehen”, erzählt Adrian Rey Aragon in seiner Heimatsprache, er lächelt nun nicht mehr: „Aber was soll man machen?”
Nach Versmold kamen die fünf durch unterschiedliche Kontakte. Enriquez Fernández, Fernández Cerviño und Alonso profitierten von der neuen Partnerschaft Tuis mit der Fleischstadt. Eben solche Möglichkeiten hatten sich die Verantwortlichen auf spanischer Seite erhofft, als sie die Verbindung mit den Versmoldern Anfang April besiegelten. Wie die Aragon-Brüder sind Enriquez Fernández und Fernández Cerviño nun für Kraftverkehr Nagel tätig, wo sie Lagerarbeiten verrichten. Alonso arbeitet bei Nölke in der Fleischverarbeitung.
Landsleute aus dem Verein helfen bei der Integration
Der Fußball hilft ihnen, sich nach getaner Arbeit nicht allzu fremd zu fühlen am neuen Lebensmittelpunkt. Während der Trainings und der Spiele mit der Mannschaft von Trainer Miguel Damea, die in der abgelaufenen Spielzeit Siebter wurde, vergessen sie ihre Sorgen, zudem können sie sich der Unterstützung durch ihre Landsleute vom Verein sicher sein. Vor allem die Vorstandsmitglieder Oswaldo Fernández Muñiz und Angel Dabarca kümmern sich gemeinsam mit Jesus Vieites um die Integration der Neuen, sie bemühen sich, ihnen ein Zuhause fern der Heimat zu ermöglichen.
Fernández Muñiz, Dabarca und Vieites haben geholfen, Arbeit und Wohnungen zu finden, sie begleiten die fünf und übersetzen bei Gängen ins Rathaus, zur Bank und zur Krankenkasse. „Es ist sehr gut, dass hier viele Spanier für uns da sind”, sagt Adrian Rey Aragon, und Alonso ergänzt: „Es ist ein bisschen wie Familie. Oswaldo ist für uns wie ein Onkel.”
Der Onkel weiß genau, wie es ist, sich in einem fremden Land zurechtzufinden. Oswaldo Fernández Muñiz kam 1971 nach Deutschland, er stammt ebenfalls aus Tui. „Vor allem das erste Jahr war schwer”, erzählt der heute 60-Jährige: „Ich kannte die deutsche Sprache und die Mentalität nicht. Wenn ich die Jungs sehe, dann erinnern sie mich an mich selbst vor mehr als 40 Jahren.” Fernández Muñiz wünscht ihnen, dass sie wie er in Versmold das erhoffte bessere Leben finden.