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Überzeugender Jahresauftakt beim Kulturwerk

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VON REINER SCHMIDT
Steinhagen. Mit dem Mandelring Quartett und der Marimba-Virtuosin Katarzyna Mycka erlebten die zahlreichen Besucher des Kulturwerks zum Jahresauftakt eine kammermusikalische Sternstunde. Das seit geraumer Zeit zur Weltspitze gehörende Streichquartett und Katarzyna Mycka begeisterten und überraschten mit ihrer unkonventionellen Programmzusammenstellung und nahmen dem Publikum jede Scheu vor modernen Tönen.
Zu Beginn des Konzerts erklang das Streichquartett Nummer 3 D-Dur op. 44/1 von Felix Mendelssohn Bartholdy, mit seinen vier Sätzen ganz im Sinne klassischer Formstrukturen komponiert. Der Eingangssatz begann mit schwungvoller Eleganz und herrlicher Strahlkraft, das zweite Thema wurde aus seiner zarten Substanz heraus homogen und klangschön gestaltet. Das freundlich-einfache Menuetto geriet zum subtilen Hörgenuss. Die Melodien des »Andante espressivo« wurden aus ihrer inneren Bewegung heraus mit weiten Bogen perfekt vorgetragen. Die Interpretation des Schlusssatzes (»Presto con brio«) war zupackend, zeigte die ganze Qualität des Ensembles im perfekten Zusammenspiel und überzeugte durch und durch in ihrer Vitalität. Das Konzert für Marimba und Streicher von Emmanuel Séjourné (geboren 1961) war ursprünglich für das Zusammenspiel mit einem Streichorchester gedacht. Die Reduzierung auf ein Streichquartett gibt der Marimba naturgemäß eine stärkere Stellung im Zusammenspiel. So lebte das Konzert weitgehend von der souveränen Musikalität und der spieltechnisch perfekten Leistung der Marimba-Spielerin Katarzyna Mycka. Die Künstlerin - ursprünglich am Klavier ausgebildet - bezeichnete im Vorgespräch die Schlägel ganz bescheiden als Verlängerung ihrer Finger. Doch was man hören und sehen konnte, war Artistik, gepaart mit traumhafter rhythmischer Präzision. Die Streicher bildeten einen Klangteppich mit südeuropäischem Kolorit, sie musizierten in Duettformationen mit der Marimba und gaben der Solistin Freiraum für ihr atemberaubendes Spiel mit den vier Holzschlägeln. Nach der Pause interpretierten die Mandelrings das Streichquartett g-Moll op. 10 von Claude Debussy. Auch dieses Werk ist traditionell viersätzig. Innerhalb der Sätze nahm sich der Komponist große formale Freiheit. Dies befremdete in der Entstehungszeit, überzeugte jedoch an diesem Abend in Steinhagen vollends. Das Quartett wirkte spannungsvoll und melodisch-feinsinnig und offenbarte fantasiereiche Affekte, etwa in den längeren Pizzikato-Passagen. Das Mandelring Quartett zeigte hier alle Facetten seines Könnens und hinterließ einen faszinierenden Eindruck. Zum Schluss brillierten die Musiker im »Konzert für Marimba und Streichquartett« vom brasilianischen Percussionisten und Komponisten Ney Rosauro (geboren 1952). Das Werk zeigte neben brasilianischen Elementen eine Vielzahl kompositorischer Kunstgriffe vom Walking Bass über zarte Flageolettpassagen bis hin zu kleinen Fugati. Katarzyna Mycka entwickelte auf ihrer Marimba mit verschiedenen Schlägeln ganz unterschiedlich zauberhafte Klangfarben, es beeindruckten versponnene Momente und rhythmische Feuerwerke. Nach diesem effektvollen Abschluss verlangten die Zuhörer natürlich nach einer Zugabe. Mit der Bearbeitung eines argentinischen Tangos verabschiedeten sich die zwei Damen und drei Herren vom Publikum. Es war ein herausragendes kammermusikalisches Ereignis.

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