Von Anja Hanneforth
Werther. Der Normalbürger macht sich darüber vermutlich keinen Kopf. Wer aber eine Gehbehinderung hat, mit einem Rollator, mit Rollstuhl oder Kinderwagen durch Werthers Innenstadt muss, für den hat das Problem einen Namen: Pflaster heißt es und macht an vielen Stellen das Begehen und Befahren zu einer schwierigen Angelegenheit. Das möchten SPD und UWG jetzt ändern. In einem gemeinsamen Antrag forderten sie im Planungsausschuss, an ausgewählten Stellen die Natursteine durch eine glattere Oberfläche zu ersetzen. Eines machte Udo Lange (SPD)
dabei jedoch deutlich: "Um es gleich vorweg zu nehmen: Wir wollen hier keine Anti-Pflaster-Maßnahme umsetzen. Das Pflaster ist stadtbildprägend, und das soll es auch bleiben."In
Werther gibt es eine ganze Reihe von Plätzen und Straßenzügen, auf denen Natur- oder Kopfsteinpflaster verlegt ist: auf dem Alten Markt, dem Venghauss-Platz, der Alten Bielefelder Straße, der Rosenstraße, der Tiefenstraße, den Straßen Im Viertel und Wellenpöhlen und natürlich der Ravensberger Straße.
Besonders über sie ist in unendlichen Debatten diskutiert worden, machte das Pflaster immer wieder Schlagzeilen - meist negative. Erst über die Frage, welche Art der Natursteine verwendet werden sollte, dann, welche und wie viele Bereiche gepflastert werden sollten, später, ob man die Zwischenräume mit Bitumen verfugen sollte und schließlich, ob und wo es wieder zurückgebaut und die Flächen stattdessen asphaltiert werden sollten.
Dass das Pflaster schön aussieht, stellte und stellt in Werther niemand in Abrede. Doch schon das Befahren mit einem Fahrrad gestaltet sich - vor allem, wenn es stark regnet, es glatt ist oder Schnee liegt - als gefährlich. Noch viel schwieriger wird es, wenn man eine Gehbehinderung hat, am Stock oder mit einem Rollator geht, im Rollstuhl sitzt oder einen Kinderwagen schieben muss. Und auch kleinere Kinder mit Laufrädern haben ihre Probleme, sich auf dem Pflaster fortzubewegen.
Genau hier möchten SPD und UWG nun Abhilfe schaffen. Indem wie an der Ravensberger Straße auch an anderen Stellen etwa ein Meter breite Bereiche mit glatterem Pflaster verlegt werden. "Diese kleinen Schneisen reichen vollkommen aus", betonte Reinhard Kreft (UWG). Es sei nicht Anliegen des Antrags, ganze Straßen umzugestalten.
Im Wesentlichen bezöge sich die Forderung auf die Tiefenstraße, die Alte
Bielefelder Straße und die Straßen Wellenpöhlen und Im Viertel. Die Begründung liege auf der Hand: Die Erreichbarkeit von vielen öffentlichen Einrichtungen und offenen Angeboten anderer Träger, insbesondere für ältere Mitbürger, sei oft eingeschränkt und erschwert, sagten die Vertreter von SPD und UWG. Als Beispiel nannten sie die Tiefenstraße, die von Besuchern der Kirche, der Seniorenbegegnungsstätte, des Kindergartens und des Gemeindehauses genutzt würde. Hinzu käme, dass gerade in diesem Bereich zahlreiche Wohnmöglichkeiten für ältere Bürger und Menschen mit Behinderung lägen. Abgesehen davon, dass viele die Tiefenstraße als Fußweg in die Innenstadt nutzen würden.
In ihrem Antrag fordern SPD und UWG die Verwaltung auf zu prüfen, an welchen Stellen ebene Flächen in das Pflaster eingefügt werden können, um die Straßen damit besser begeh- und befahrbar zu machen. Um die Sache voranzutreiben fordern sie einen Arbeits- und Kostenplan, der auf einer der nächsten Fachausschusssitzungen vorgestellt werden soll. Parallel dazu soll zudem innerhalb des Ausschusses eine Arbeitsgruppe gebildet werden, um gemeinsam mit den betroffenen Personengruppen deren Bedarfe zu erörtern. "Wenn es dann zum Austausch des Pflasters kommt, soll, wo es möglich ist, berücksichtigt werden, dass bei der Neuverlegung auch Leitlinien für Sehbehinderte und Blinde eingebaut werden", so die Antragsteller.
Ein Wunsch, der bei den übrigen Fraktionen auf breite Zustimmung stieß. "Wir sind hocherfreut über diesen Antrag", sprach Karl-Hermann Grohnert für die CDU und erinnerte daran, dass seine Fraktion sich stets dafür ausgesprochen hätte, die Innenstadt gerade für ältere Menschen besser begehbar zu machen.
Jürgen Wächter (Grüne) brachte in diesem Zusammenhang noch einen weiteren Aspekt zur Sprache. Dass nämlich die Aufpflasterungen, die "Huckel", wie er sie nannte, nicht nur für Gehbehinderte ein Problem seien. Sondern auch für solche, die schwer rückengeschädigt mit dem Auto darüberfahren müssten. Er kenne solche Personen, "und da ist selbst Schrittgeschwindigkeit noch zu schnell." Eine Lösung ließ sich im Planungsausschuss allerdings nicht finden. "Denn die Huckel sind die einzige Möglichkeit, die Geschwindigkeit aus den Straßen herauszubekommen", sagte Stefan Sussiek (SPD).
Einstimmig wurde am Ende jedoch der SPD/UWG-Antrag zu glatteren Pflasterbereichen verabschiedet.