Von Alexander Heim
Borgholzhausen. Das Thema Medizin hat Dr. Barbara Peters schon immer fasziniert. Von klein auf durfte sie miterleben, welcher Facettenreichtum mit dem Beruf des Hausarztes und Allgemeinmediziners verbunden ist. Dass sie nach ihrem Abitur ebenfalls Medizin studieren würde, stand für sie rasch fest. "Das ist ein wahnsinnig interessanter Beruf, weil das Spektrum so breit ist", findet die dreifache Mutter auch heute noch. Der Medizin will und wird Dr. Barbara Peters auch weiterhin treu bleiben. Doch ihre Praxis an der Freistraße - die wird sie zum 31. Dezember schließen.
Der alte Schrank mit medizinischem Gerät aus vergangenen Jahrzehnten hat noch heute seinen festen Platz in der Praxis an der Freistraße. Ihr Vater, Dr. Fritz Scheller, hatte ihn anfertigen lassen. "Ich habe ihn im Laufe der Zeit in einer anderen Farbe gestrichen", erzählt sie.
Nach dem Abitur hat sie sich für das Medzinstudium in Münster entschieden. Ihr weiterer Werdegang führte sie an die Schüchtermann-Klinik in Bad Rothenfelde und an das St.-Franziskus-Hospital in Bielefeld. "Kardiologie", erzählt die Hausärztin, "fand ich immer schon sehr interessant. Meine Doktorarbeit habe ich über das EKG geschrieben." Auch die Radiologie zählte zu ihren Steckenpferden. Zweieinhalb Jahre war sie am Krankenhaus in Werther tätig, ein Jahr in einer radiologischen Praxis in Bielefeld, ehe sie sich entschied, 1991 die Praxis ihres Vaters zu übernehmen.
Am kommenden Dienstag wird sie hier nun für alle Kassenpatienten letztmalig die Tür öffnen und "Kommen Sie doch bitte herein" sagen. "Ich bedaure es sehr für die Patienten, zumal ich zu vielen von ihnen nach all den Jahren eine enge Bindung habe. Das tut mir schon leid." Die Überlegung, ihre Sprechzeiten zu verändern, stand für die 51-Jährige bereits seit geraumer Zeit im Raum, da auch die Nachfrage nach betriebsärztlicher Betreuung deutlich gestiegen ist. In den letzten Jahren lag ihr aber insbesondere auch die Arbeitsmedizin am Herzen.
"Wenn ich in die Betriebe gehe, sehe ich, wie die Menschen arbeiten. Dann weiß ich häufig, warum sie krank werden und oft auch, was man tun kann, um das zu verhindern."
"Ich hätte aber gerne noch ein bis zwei Vormittage in der Praxis weitergemacht", erläutert sie. Und ein klein wenig stolz ist sie darauf, dass es in 23 Jahren als Hausärztin nicht eine Beanstandung seitens der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gegeben hatte.
Doch ein Schreiben der KV Westfalen-Lippe, das Ende September ins Haus flatterte, hat nun letztlich den Ausschlag zur Schließung gegeben. Darin wurde beanstandet, dass und in welchem Umfang sich die Ärzte der Praxisgemeinschaft in Zeiten von Urlauben, Fortbildungen und Krankheiten gegenseitig vertreten hatten.
"Das Datenmaterial", so die Medizinerin, "ist aber fehlerhaft. Es tauchen darin unter anderem Patienten auf, die gar nicht in der Praxis waren." Das grundsätzliche Problem: "Seit Einführung der Praxisgebühr gab es eine Beschränkung der Vertretungen auf 20 Prozent gemeinsamer Fälle." "Es gibt eine ganze Reihe von Praxis-Gemeinschaften, die damit Probleme haben", führt sie aus. "Andere Kassenärztliche Vereinigungen sehen das so wie wir. In Westfalen-Lippe sieht man es anders."
In einem persönlichen Gespräch mit der KV in Münster war den Ärzten mitgeteilt worden, "dass man die Patienten auch mal aus der "Komfortzone" holen müsse". Das wird nun wohl eintreten. Denn ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin für Dr. Barbara Peters ist bislang nicht in Sicht.
"Wenn sich ein Interessent fände, wären die Türen offen", erläutert die Medizinerin. "Wir haben Anzeigen geschaltet - aber niemand hat sich bisher gemeldet. Selbst in Bielefeld stehen Praxen leer und finden keinen Nachfolger." Der Hausärztemangel - er wäre damit auch in Pium angekommen. Besonders prekär: "Zwei der Kollegen im Ort sind älter als 60 Jahre und könnten ohne Weiteres aufhören."
Auch wenn sie die Hoffnung auf einen Nachfolger nicht aufgeben mag - allzu optimistisch steht Dr. Barbara Peters dem Thema nicht gegenüber. "Warum sollte man sich in Ostwestfalen-Lippe niederlassen?", fragt sie. 510 Euro überweisen etwa in Bremen Krankenkassen pro Patient an die Hausärzte. 480 Euro sind es in Niedersachsen. 421 Euro in Westfalen-Lippe. "Wenn sich ein Kollege in Dissen niederlässt, verdient er 20 bis 30 Prozent mehr", rechnet die Allgemeinmedizinerin vor.
Sie selbst wird auch in Zukunft weiter als Ärztin tätig sein, wird sich nun verstärkt der Arbeitsmedizin widmen, wird weiter für Führerschein-Untersuchungen zur Verfügung stehen und Betriebe betreuen. "Wir sind alle wirklich gerne Hausärzte, weil es ein schöner Beruf ist", betont Dr. Barbara Peters. "Doch die neueren Entwicklungen lassen einen ratlos zurück." Mit dem Ausscheiden von Dr. Barbara Peters aus der Praxis-Gemeinschaft haben die Piumer noch drei Hausärzte in zwei Praxen, die sie im Krankheitsfall ansteuern können.