Von Claus Meyer
Werther.
"Was habt ihr denn da gemacht?", war die erste Frage, die Christel Ermshaus Matthias Nowak stellte. Er und weitere Kollegen vom Stadtsportverband Werther hatten sie als Sportpersönlichkeit des Jahres vorgeschlagen. Nowaks lapidare Antwort: "Du bist jetzt auch mal dran." Und so erhält Christel Ermshaus am 23. Januar bei der Altkreissportler-Gala die Auszeichnung passenderweise dann, wenn »ihr« Stadtsportverband im Haller Landhotel Jäckel der Ausrichter ist.Die Überraschung ist bei Christel Ermshaus nicht gespielt. "Das kann doch gar nicht sein", ist ihre erste Reaktion am Telefon. Einen Tag später gibt sie zu, sich sehr über die Ehrung zu freuen. Nicht ohne bescheiden zu erwähnen: "Es gibt sicher Leute, die noch mehr gemacht haben als ich."
Sie dürften rar gesät sein. Ermshaus zeigt einen Pass des Deutschen Turner-Bundes, der in ein grünes Plastiketui eingeschlagen ist. Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme zeigt die heute 75-Jährige als junges Mädchen. Die Mitgliedschaft im Deutschen Turner-Bund wird ihr in dem Dokument ab dem 1. April 1953 bescheinigt. Da war Christel Ermshaus gerade einmal 13 Jahre alt. Ab dem 9. Januar 1956, Ermshaus ist zu diesem Zeitpunkt 16 Jahre, fungierte sie als Frauenwartin beim TV
Werther.
Mit grüner Tinte ist auch dieses Datum im Pass festgehalten."Das war ich aber gar nicht lange", sagt sie und erzählt, wie sie zum Turnen beim TVW kam: "Meine Eltern und Geschwister waren dem Sport immer sehr verbunden." So blieb es nicht aus, dass auch Tochter Christel in der Halle der Ampelschule - der heutigen Skaterbahn - Bekanntschaft mit Reck und Barren machte. Auch wenn sie bedauert, dass mittlerweile der gesellige Teil im Sport etwas in den Hintergrund gerückt sei, ist Ermshaus bis heute der Gymnastikgruppe des TV Werther treu geblieben, walkt und wandert überdies noch. "Ab dem neuen Jahr bin ich wieder dabei", sagt Ermshaus, die die vergangenen sechs Monate aus gesundheitlichen Gründen passen musste.
Abgesehen von dem nach eigenem Bekunden kurzen Intermezzo als Frauenwartin und als aktuelles Mitglied des TV-Ältestenrats hat Christel Ermshaus den Schwerpunkt ihrer Funktionärstätigkeit beim BV Werther und beim Wertheraner Stadtsportverband gehabt. Zu den Fußballern kam sie vor mehr als 40 Jahren durch ihren 1989 verstorbenen Mann, der zu der Zeit BV-Geschäftsführer war. "Wenn man erst einmal eine Position hat, wird man sie nicht wieder los", sagt sie mit verschmitztem Hinweis auf ihre 18-jährige Tätigkeit als Kassiererin bei den Fußballern. Sie erzählt von den Bestrebungen in den 70er-Jahren, den damals noch weitgehend verpönten und bis Oktober 1970 vom DFB sogar offiziell verbotenen Frauenfußball in Werther zu etablieren. "Ich selbst habe aber nicht mehr gespielt. Ich war doch damals schon zu alt dafür", sagt Christel Ermshaus.
In keinem Fall zu alt ist sie allerdings dafür, das Sportabzeichen abzulegen. Zum 48. Mal in ununterbrochener Reihenfolge erfüllte die gebürtige Wertheranerin, die immer in der Böckstiegelstadt gelebt hat, in diesem Jahr die Anforderungen. Fast schon selbstverständlich mutet an, dass Ermshaus ehrenamtlich auch zu Maßband und Stoppuhr greift. Seit 1999 ist sie Mitglied des Abnehmer-Teams am Meyerfeld.
Gibt es Zeit für andere Hobbys? "Sticken", sagt die zweifache Mutter und zweifache Großmutter und zeigt auf die Weihnachtsdecke mit grünen Tannenbäumen, die auf dem Wohnzimmertisch liegt. Schnell aber ist sie wieder beim Sport. "Ich schwimme gern. Nach Möglichkeit jeden Tag im Sommer, wenn das Wertheraner Freibad offen ist."
"Du kannst sie anrufen, immer hilft sie mit, wenn du sie brauchst", lobt Matthias Nowak, Geschäftsführer und Kassierer im Stadtsportverband Werther, die Geehrte. "Sie ist ein herzensguter Mensch. Außerdem ist es gut, dass eine Wertheranerin Sportpersönlichkeit wird, wenn wir die Gala ausrichten", sagt Nowak weiter.
Insgesamt elf Jahre war Ermshaus selbst in zwei Amtszeiten Geschäftsführerin und Kassiererin im Stadtsportverband, von 2010 bis 2012 noch einmal 2. Vorsitzende. Als solche hat sie die Sportlerehrung im Haller Sportparkhotel mitorganisiert, als die Wertheraner zuletzt Ausrichter waren. Sie hat gesehen, wie der Borgholzhausener Hubert Rüter damals als Sportpersönlichkeit des Jahres 2009 geehrt wurde. Am Freitag, 23. Januar, wird sie selbst auf der Bühne bei Jäckel stehen. Und vielleicht wird Christel Ermshaus dann noch einmal in aller Bescheidenheit denken: "Das kann doch gar nicht sein."