Von Alexander Heim
Borgholzhausen.
Das sagt man so, dass ein Konzertabend »bis auf den letzten Platz ausverkauft« war oder ein Veranstaltungsort »voll besetzt«. Nun: Eintritt mussten die Besucher des Weihnachtskonzertes des Musikzuges der Freiwilligen Feuerwehr wie immer - das hat Tradition - nicht entrichten. Doch dass es am Sonntagnachmittag pickepacke voll war in der evangelischen Kirche - das lässt sich keinesfalls leugnen. Hunderte Besucher wollten sich von Matthias Eising und seinen 36 Instrumentalisten am vierten Advent in Weihnachtsstimmung versetzen lassen. Ein Konzert mit vielen Facetten und Nuancen.Keine Frage: Wenn die Musiker ihren Besuchern eines am vierten Advent wünschen wollten, dann war es eine wirklich fröhliche Weihnacht. Denn ob »Rockin around the Christmas tree«, ob der »Jingle Bells Rock« oder »Merry Christmas everyone« - es waren vor allem die mutmachenden und mitreißenden Melodien, mit denen der Klangkörper zu erfreuen wusste.
Doch daneben präsentierte sich das Ensemble auch einfallsreich, entließ den »Christmas Can Can« auf seine Reise durch die sechs Gewölbe der Kirche oder den »Canon Brass Rock«, dem Johann Pachelbels (1653 - 1706) Kanon in D-Dur zugrunde liegt. Wie bei einem Konzert des Musikzuges üblich, durften die Gäste auch zweimal selbst das Konzert aktiv mitgestalten, waren bei »Vom Himmel hoch« und »O du fröhliche« eingeladen, ihre Stimmen erklingen zu lassen und das Orchester zu übertönen.
Mit den Kinderweihnachtsliedern »Morgen kommt der Weihnachtsmann« und »Lasst uns froh und munter sein« wussten die Nachwuchsmusiker Aaron, Lena, Charlotte, Felix, Chris, Lukas, Mirko und Ute zu überzeugen. Fehlerfrei stellte sich das Vor-Orchester ins Rampenlicht - und heimste dafür gehörigen Beifall ein.
Ganz ungewöhnliche Töne hingegen schlug anschließend Pastorin Silvia Schultz an. Sie zeichnete für die Lesung des Konzertes verantwortlich und beleuchtete die Geschehnisse vor mehr als 2000 Jahren im Stall von Bethlehem in ganz und gar ungewöhnlichem Licht. In einem Brief nämlich erläuterte der Pächter Ibrahim dem Landbesitzer Ben Charub, was sich da alles zugetragen hatte. Ein schöner Perspektivwechsel, der dennoch den Geist der Weihnacht in sich trug.
Die Mitglieder des Musikzuges - sie sorgten nicht nur mit Stücken wie »O holy night« oder ABBAs "Happy new year" für besinnliche Momente. Und auch Moderatorin Christine Ziervogel, die kleine Hintergrundinformationen zu einzelnen Werken parat hatte, zeigte sich nachdenklich und verwob mit ihren Ansagen auch immer wieder philosophische Betrachtungen zu »Traditionen« und »Ritualen«. Und präsentierte sich ganz nebenbei als wahre »Whistleblowerin«. Denn auch aus dem E-Mail-Verkehr zwischen Matthias Eising und seiner Stellvertreterin Bianca Kaup trug sie - sehr zur Freude der Besucher - einzelne, zuvor authorisierte Passagen vor.
"Rituale gelten, weil sie immer galten. Sie beruhen auf Tradition. Und Traditionen auf Dauer", führte sie etwa aus. Und zitierte überdies den Philosophen Hermann Lübbe: "Tradition", erklärte dieser, "gilt nicht wegen ihrer erwiesenen Richtigkeit. Sondern wegen der Unmöglichkeit, ohne sie auszukommen." Na dann: bis zum nächsten Weihnachtskonzert des Musikzuges. 2015 wieder in der katholischen Kirche.