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Feinheiten folgt ein rauer Ton

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VON HEIKO KAISER
Halle. Traditionsgemäß nutzen die politischen Parteien der Stadt Halle die Abstimmung über den Haushaltsplan zu einer Schärfung des eigenen Profils und der Abrechnung mit dem politischen Gegner. Ging es angesichts der insgesamt positiven Haushaltssituation zunächst nur um Nuancen, wurde die Diskussion am Ende der öffentlichen Ratssitzung plötzlich unerwartet scharf.

Wolfgang Bölling konnte sich ein süffisantes Schmunzeln nicht verkneifen. Nach der Feststellung, dass man in einer Stadt lebe, der es wirtschaftlich gut gehe und der Haushaltsentwurf 2015 wie ein Spiegelbild dem von 2014 gleiche, man also die alten Haushaltsreden des Vorjahres auspacken könne, ergänzte er: "Nur die CDU nicht." Er erklärte, mit dem CDU-Antrag auf Bezuschussung des Vereinsheims der TG Hörste, den auch die SPD unterstütze, wirke die CDU unglaubwürdig, wenn sie weiterhin anderen mangelndes Sparverhalten vorwerfe. Bölling griff anschließend noch einmal das Thema Gesamtschule auf und stellte fest: "Bürgermeisterin und Ratsmehrheit haben mit der Errichtung alles richtig gemacht."

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Hendrik Schaefer hatte anschließend die schwierige Aufgabe, einen Haushalt zu kritisieren, dem man letztlich zustimmen wollte. Er bezeichnete es als "blanken Irrsinn", dass Halle, als Stadt mit der fünfthöchsten Steuerkraft pro Einwohner in NRW, die Enden zwischen Aufwand und Ertrag nicht mehr voreinander bekommt und sah es als geübte interkommunale Solidarität, dass von jedem Euro Gewerbesteuer lediglich ein Bruchteil im Stadtsäckel bleibe, ein Großteil hingegen in Umlagen fließe. Er forderte die Bürgermeisterin auf, Sparvorschläge nicht der Politik zu überlassen, sondern mahnte für die Zukunft die Vorlage von konkreten strukturellen Einsparvorschlägen an.

Für die UWG kritisierte deren Fraktionssprecher Karl-Heinz Wöstmann, dass man den Rückbau des Parkdecks am Lindenbad in die Zeit gesetzt habe, statt die Umgebung des Lindenbades sofort sicherer und ansehnlicher zu gestalten. Zufrieden zeigte sich Wöstmann, dass nun auch die großen Parteien den Weg zu einem eigenen Jugendamt in Erwägung zögen. "Hier hatten wir schon vor drei Jahren den Antrag gestellt. Wäre es damals geprüft worden, könnten wir schon heute entscheiden und möglicherweise sehr viel Geld sparen", sagte er.

Mehr Leidenschaft auf den drei Ebenen Klimaschutz, Familie und Bildung sowie Stadtentwicklung und Bürgerbeteiligung forderte Grünen-Fraktionsvorsitzender Jochen Stoppenbrink ein. Eine Million Euro könne an Energiekosten gespart werden, wenn konsequent in energetische Sanierung investiert würde. Stoppenbrink erklärte weiter, man habe bei der Erstellung eines städtischen Inklusionsplanes zwei wertvolle Jahre verloren. Nachholbedarf sehen die Grünen auch in Bezug auf die Beteiligung der Bürger an der Stadtentwicklung. Er kritisierte, dass der Rat es abgelehnt hatte, 30 000 Euro im Haushalt einzustellen, um die Bürger an einem integrierten Stadtentwicklungskonzept zu beteiligen.

Als Haushalt der Richtungsentscheidungen charakterisierte Klaus-Peter Kunze (FDP)

das vorgelegte Zahlenwerk. Er lobte, wie alle anderen Fraktionen, dass Kämmerer Jochen Strieckmann erstmals eine Liste mit freiwilligen Leistungen erstellt habe. Dass man in diesem Bereich drei Millionen Euro ausgebe, sei eine Menge wert. Gleichzeitig kritisierte Kunze, dass bei einem Haushaltsdefizit von 11,5 Millionen Euro ein echter Konsolidierungswille nicht spürbar sei. Er mahnte an, die freiwilligen Leistungen immer wieder im Hinblick auf Berechtigung und Höhe zu hinterfragen. Ziel müsse es sein, einen ausgeglichenen Haushalt zu verabschieden und nicht einen defizitären, der dann doch ins Plus drehe. Thomas Andres (STU) stimmte als Einziger dem Haushaltsentwurf nicht zu. Andres begründete seine ablehnende Haltung damit, dass im Haushalt unter anderem keine Gelder für einen freiwilligen Lärmschutz an der L 782 eingestellt worden seien. Er kritisierte außerdem die fehlende Nachhaltigkeit, da Folgekosten, beispielsweise für Inklusion, nicht berücksichtigt worden seien. Rau wurde der Ton, nachdem Frank Winter (Grüne) erklärt hatte, einige Fraktionsmitglieder würden sich beim Antrag auf die geplante Süderweiterung der Firma Storck enthalten. Winter erklärte, es sei an der Zeit, innezuhalten, um darüber nachzudenken, wie viel Flächenverbrauch sich die Stadt noch leisten könne. "Es ist unglaublich, wie gewerbefeindlich die Grünen in Halle agieren", echauffierte sich Wolfgang Bölling in lautem Ton und erinnerte daran, dass es immerhin um den größten Arbeitgeber dieser Stadt gehe. Ulrike Sommer legte anschließend nach: "Diesen Beitrag empfinde ich als weltfremd."

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