Von Marc Uthmann
Halle.
Ein wenig war es am Mittwochabend wie in der Schule. Als die öffentliche Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses beendet war, ging Eva Sperner durch die Reihen und verteilte Zeugnisse. Wobei: Anders als Schüler das wohl tun würden, hatten die Kommunalpolitiker die städtische Gleichstellungsbeauftragte um das Papier gebeten. Es enthielt die Aufstellung der Frauenquote für Stadtrat und Ausschüsse - gegliedert nach Fraktionen. Mit Blick auf die Gleichbehandlung von Mann und Frau hätte auf den ersten Blick nur die SPD das Klassenziel erreicht - doch auf den zweiten plagen die Genossen ganz andere Sorgen.Im Zuge der Beratungen zum Frauenförderplan hatte die SPD die Frage nach der Quote in der Haller Kommunalpolitik gestellt - nun lieferte Eva Sperner die Daten. "Eine faire, moderne Verteilung der Sitze zwischen Männern und Frauen wäre eigentlich die im Verhältnis 50:50", erläuterte die Gleichstellungsbeauftragte im Gespräch mit dem Haller Kreisblatt das Klassenziel. "Frauen und Männer sollten ihre Erfahrungen gleichermaßen in die Politik einbringen dürfen, weil sie verschiedene Lebensbereiche ganz unterschiedlich wahrnehmen", sagt Eva Sperner. Da pflichtet ihr auch Bürgermeisterin Anne-Rodenbrock Wesselmann bei: "Frauen machen nicht alles besser. Aber sie gehen Dinge anders an. Das tut der Politik gut." Die derzeitige Verteilung sei "ausbaufähig", sagt die sozialdemokratische Bürgermeisterin und erlaubt sich einen Seitenhieb: "Es gibt in dieser Hinsicht in manchen Fraktionen viel zu tun."
Eine Frauenquote von mindestens 50 Prozent erreicht lediglich die SPD - und zwar sowohl im Stadtrat als auch in den Ausschüssen, wo die sachkundigen Bürger mit in die Untersuchung einbezogen wurden. Alle anderen Fraktionen scheitern am Klassenziel: Die CDU hat vier Frauen und neun Männer im Stadtrat (Frauenquote: 31 Prozent) sowie neun Frauen und 18 Männer in den Ausschüssen (33 Prozent). Doch auch die Grünen, die sich die Gleichberechtigung durchaus auf die Fahnen schreiben, stehen nicht wesentlich moderner da: zwei Frauen und vier Männer im Rat (33 Prozent), fünf Frauen und neun Männer in den Ausschüssen (36 Prozent).
Verzerrt wäre eine Wertung bei den kleinen Fraktionen: Denn FDP und STU entsenden in Rat und Ausschüsse nur je einen Mandatsträger - da dies jeweils ein Mann ist, liegt die Frauenquote automatisch bei niederschmetternden null Prozent. Die UWG stellt im Rat eine Frau und zwei Männer, die Ausschüsse bleiben mit 9:4 Sitzen eine Männerdomäne.
Ganz anders die Situation bei der SPD: zehn Frauen und fünf Männer im Rat - eine Frauenquote von 67 Prozent. Und in die Ausschüsse entsenden die Sozialdemokraten immerhin noch elf Frauen und neun Männer (55 Prozent). "Wir haben da nicht drauf hingearbeitet", betont die SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrike Sommer. "Aber durch eine Frau aus der SPD als Bürgermeisterin in Halle oder mich als Ausschussvorsitzende waren vermutlich viele Frauen motiviert, weil sie bei uns Chancen sehen, auch etwas zu bewegen."
Doch hat die SPD ganz andere Probleme: 66 Prozent Frauen im Stadtrat - das bedeutet doch Männermangel! Da mag auch Ulrike Sommer nicht widersprechen: "Wir bemühen uns tatsächlich verstärkt auch um männliche Mitstreiter." Gleichbehandlung einmal umgekehrt.
CDU-Fraktionschef Hendrik Schaefer mag das geschaffte Klassenziel ohnehin nicht als großen Erfolg der SPD verstanden wissen: "Solche Dinge wechseln immer wieder mal. Viel wichtiger ist, dass wir uns gemeinsam bemühen, verstärkt weibliche Kompetenz einzubinden." Darüber hinaus müsse sich die CDU in Halle mit Blick auf die Zahlen nicht verstecken - schließlich liege man fast gleichauf mit den Grünen.
"Es ist gut, sich diese Zahlen regelmäßig anzuschauen", sagt Eva Sperner. "Denn insgesamt sind Frauen im Haller Rat mit einem Anteil von 31,5 Prozent immer noch deutlich unterrepräsentiert. Ein Problem, das übrigens auch im Rathaus nach wie vor eine Rolle spiele - zumindest mit Blick auf die entscheidenden Positionen.