Borgholzhausen (howi).
Weit über 40 000 Stolpersteine hat der Künstler Gunter Demnig seit 1997 europaweit verlegt. Zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Möglichst vor deren letzter selbstgewählter Adresse. Um mit der kleinen Messingplatte im Gehweg auch in Borgholzhausen der Opfer des NS-Regimes zu gedenken, hatte sich an der PAB-Gesamtschule eine Arbeitsgruppe gebildet, die jetzt im Heimathaus erste Zwischenergebnisse präsentierte."Ein Mensch ist erst dann vergessen, wenn sein Name vergessen ist", steht im Talmud, einem der bedeutendsten Bücher des Judentums. Deshalb stehen auf der Messingplatte des Steins außer dem Namen des Opfers auch - soweit bekannt - Details aus dessen Leben und die Umstände des Todes. Die zehn mal zehn Zentimeter großen Gedenktafeln erinnern an Juden und an Zeugen Jehovas, an politisch und religiös Verfolgte, Zwangsarbeiter, an Homosexuelle oder an Euthanasieopfer. "Davon habe ich schon lange geträumt, dass dies in Borgholzhausen realisiert wird. Und ich bin froh, dass ihr das macht", begrüßte Eva-Maria Eggert vom Heimatverein die jungen Referenten der PAB-Gesamtschule.
Seit etwa einem Jahr beschäftigen sich zehn Zwölftklässler unter der Leitung von Lehrerin Renate Gieskemeyer mit dem schwierigen Thema. Neben der Erarbeitung des historischen Hintergrundwissens standen mehrere Exkursionen auf dem Stundenplan. Etwa zum jüdischen Friedhof in Borgholzhausen oder nach Osnabrück, wo mehrere hundert der kleinen Gedenktafeln liegen. Im dortigen Friedensbüro der Initiative Stolpersteine informierten sich die Schüler aus erster Hand über die Voraussetzungen für eine Steinlegung.
Eine davon, die Beantragung der Genehmigung durch die Stadt, erfüllten sie im April dieses Jahres. Eine weitere, die Deckung der Kosten von 120 Euro pro Stein, stellt auch kein Problem dar: Heimatverein, SPD-Fraktion und FDP-Fraktion boten am Infoabend die Patenschaften für einen oder mehrere Steine an. Auch die Schülergruppe selbst und Lehrerin Renate Gieskemeyer finanzieren jeweils einen Stein. An Unterstützern aus der Wirtschaft sollte es auch nicht mangeln.
Komplizierter gestaltet sich derzeit die Ermittlung der Opfer, die für eine Steinlegung in Borgholzhausen in Frage kommen. Denn der Stein soll möglichst vor der letzten selbstgewählten Adresse des Opfers liegen. Und die ist in der Regel nicht in Pium, denn die jüdischen Bürger Borgholzhausens sind allesamt vor ihrer Deportierung in andere Städte verzogen. "In solchen Fällen entscheidet Gunter Demnig im Einzelfall, ob es möglich ist, einen Stein für diese Personen zu legen", berichtete Gieskemeyer. Da nur ein Stein pro Opfer angefertigt wird, hängt diese Entscheidung maßgeblich davon ab, ob es bereits einen Stein im letzten Wohnort vor der Deportierung gibt.
"Das werden wir jetzt für die bekannten Fälle klären", erläuterte die Lehrerin das weitere Vorgehen der Arbeitsgruppe. Ebenfalls geklärt werden müssen noch die letzten Adressen der drei bekannten Euthanasieopfer aus Borgholzhausen und der Ort, wo der Stein für den in der Clever Schlucht hingerichteten polnischen Zwangsarbeiter Zydzislaw Talma gelegt werden soll. Die Schülergruppe hofft, diese Fragen bis zum nächsten öffentlichen Treffen Ende Januar beantworten zu können, damit die Steine so schnell wie möglich in Auftrag gegeben werden können.