Von Hans-Joachim Kaspers
Halle.
Sabine Ellerbrock geht es besser. Nachdem es Anfang Oktober bei der Entfernung eines Neurostimulators zu postoperativen Komplikationen gekommen war, die zu einem lebensbedrohlichen Atemstillstand geführt hatten, spielt sie wieder Tennis. Zum Glück blieb seinerzeit im Krankenhaus ihr gut trainiertes Herz-Kreislauf-System stabil, so dass die Rollstuhltennisspielerin des TC BW Halle zwar einige Tage auf der Intensivstation verbringen musste, aber schnell keine Lebensgefahr mehr bestand.
Welche gravierenden Folgen der Vorfall dennoch mit sich brachte, erfuhr Ellerbrock erst, als sie wieder trainieren wollte. "Komplexe Bewegungsabläufe waren weg, einfach nicht mehr abrufbar. Ich habe eine Stunde lang keinen Ball von der T-Linie übers Netz bekommen", berichtet die French-Open-Siegerin von 2013, die sich in den folgenden Wochen über ein gezieltes Ernährungs-, Koordinations- und Kraftprogramm - Ellerbrock hatte sieben Kilogramm Körpergewicht verloren - erst mühsam wieder an ihren Sport herantasten musste. Als besonders hartnäckig erwies sich ein Drehschwindel beim Ballwurf vor dem Aufschlag - Wettkampftennis schien auf längere Sicht unmöglich.
Überraschend schnell stellten sich aber deutliche Verbesserungen ein, so dass Ellerbrock doch noch beschloss, zu den Double Masters ins amerikanische Mission Viejo zu fliegen. "Ich bin da ohne jede Erwartung hingefahren, wollte einfach nur sehen, was geht, und Sicherheit zurückgewinnen. Der Spaß auf dem Platz und positive Effekte im Therapieverlauf standen mehr im Vordergrund als sportliche Ambitionen", erzählt die Gymnasiallehrerin, die sich dann aber überraschend gut schlug. Gemeinsam mit ihrer englischen Partnerin Lucy Shuker gewann sie ihre Gruppenspiele gegen Mardones/Verfuerth (Chile/USA) und gegen Krüger/Hunt (Deutschland/Großbritannien) jeweils in zwei Sätzen und bot im Halbfinale den Favoritinnen und späteren Siegern Kamiji/Whiley (Japan/Großbritannien) beim 6:7 und 1:6 einen großen Kampf.
"Es war die richtige Entscheidung, da mitzuspielen, denn jetzt weiß ich, wo ich stehe und woran ich gezielt weiterarbeiten muss", sagt Ellerbrock. Ob sie allerdings schon die Kraft für eine viel intensivere Einzelkonkurrenz hat, kann sie aktuell nicht einschätzen. Deshalb hat sie vorerst nur pro forma für das Einzel-Masters Ende November in London gemeldet und bis dahin alle Turniere abgesagt.
In London sind die besten acht der Welt am Start, was bei drei Gruppenspielen und einem eventuellen Halbfinale vier bis fünf Tage maximale Belastung bedeutet. Daher will Sabine Ellerbrock kurzfristig über einen Start in London entscheiden - wenn sie von der Fitness her eine realistische Chance sieht. "Im Moment kann ich zwar wieder einen halbwegs soliden Ball von der Grundlinie ins Feld spielen, aber natürlich bin ich noch ein ganzes Stück von einhundert Prozent meiner Leistungsfähigkeit entfernt", sagt sie, betont aber gleichzeitig, dass sie sich auf einem guten Weg sieht.
Abseits der aktuellen Komplikationen ist die Bielefelderin mittlerweile recht gut aufgestellt: Mit der Unterstützung durch das Haller Breakpoint-Team ist sie sehr zufrieden, und auch die sportpsychologische und physiotherapeutische Betreuung empfindet sie als professionell. Es geht also konsequent weiter in Richtung ihres großen Ziels, den Paralympics in Rio 2016.