Steinhagen.
Der Anteil regenerativer Energien am deutschen Strom lag im ersten Halbjahr 2014 bei 31 Prozent, 1994 waren es noch etwa 5 Prozent - ein großer Fortschritt. Trotzdem können sich die wenigsten Deutschen nach Einschätzung von Filmemacher und Ökostromexperte Frank Farenski vorstellen, dass Sonne, Wind und Wasser bald die Hauptenergielieferanten sein werden. Jonas Damme erläuterte er, wie das funktionieren kann. Am Mittwoch, 26. November, ist Farenski in Steinhagen zu Gast.Herr Farenski, sie setzen offensichtlich große Hoffnungen in Solarenergie und Co. Haben sie eine Photovoltaikanlage auf dem Dach?
Frank Farenski: Ich bin Mieter. Aber ich habe ein Balkonkraftwerk. Damit decke ich meinen gesamten Grundbedarf, bis auf die Großgeräte.
Mit nur einer einzelnen Solarzelle auf dem Balkon?
Farenski: 250 Watt pro Modul reicht für die Grundlast. Bei einem Normalbürger sind das etwa 120 Watt, bei mir mittlerweile nur noch 20 Watt. Ich bin da sehr sparsam. Wenn jeder Bundesbürger zwei bis drei Photovoltaikmodule hätte, wäre der Grundbedarf für Privathaushalte gedeckt. Das kann man sich leicht ausrechnen.
Klingt ja sehr schön. Aber was ist nachts?
Farenski: Ohne Speicher wird es nicht gehen. Aber mittlerweile gibt es schon einigermaßen bezahlbare Stromspeicher für zu Hause. Außerdem gibt es verschiedene neue Technologien. Ich setze da große Hoffnungen in »Power to Gas« (ein chemischer Prozess, bei dem mit Strom Brenngas hergestellt wird, Anm. d. Red.). Außerdem weht der Wind für Winkraftanlagen auch nachts.
Bisher wurden private Photovoltaikanlagen gefördert. Diese Vergütung der Bundesregierung wurde stark reduziert. Lohnt sich selbst erzeugter Strom überhaupt noch?
Farenski: Wenn man die Abzahlung seiner Anlage auf 20 Jahre kalkuliert, ist der selbsterzeugte Strom mit 10 bis 13 Cent pro Kilowattstunde mittlerweile deutlich günstiger als der aus dem Netz. Wir wechseln also von der Einspeisung auf die Selbstversorgung.
Wenn sie das Thema erläutern, klingt alles scheinbar ganz einfach. Warum hat dann nicht jeder eine Photovoltaikanlage?
Farenski: Die Selbstversorgung ist eine technikaffine Geschichte. Da traut sich nicht jeder ran. Statistisch machen so etwas Männer über 50, die ihr eigenes Haus bereits abgezahlt haben. Zwei Dinge sind dabei schwer zu vermitteln. Dass die Technik, wenn sie erst mal installiert ist, alleine läuft und, dass es nicht stimmt, dass so etwas eine sehr große Investition ist: Ich leite meine Zahlung einfach um, vom Energieversorger zur eigenen Anlage.
Also bremsen gegenwärtig noch die Ängste des Einzelnen die Entwicklung?
Farenski: Auch Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel kann sich das Potenzial dezentraler erneuerbarer Energie gegenwärtig noch nicht vorstellen. Außerdem macht die Industrie meiner Meinung nach einen großen Denkfehler. Man geht davon aus, dass für die Grundlast weiterhin Atom- oder Kohlestrom notwendig ist. Mit der Mischung aus Sonne und Wind ist das aber ebenso möglich.
Sind sie denn objektiv?
Farenski: Mein Film (siehe Kasten) ist ein Plädoyer für die Energiewende. Man kann schon sagen, ich mache eine Kampagne dafür. Aber wir Bürger müssen die Wende selber machen. Das zeigt sich schon daran, dass in Deutschland 98 Prozent der Photovoltaikanlagen in Privathand sind.