Von Carolin Hlawatsch
Borgholzhausen.
Normalerweise wachsen Feigen in tropischen und subtropischen Regionen, orange leuchtende Kakis kommen ursprünglich aus Asien. Bei uns findet man derartige Früchte nur im Supermarkt oder im Piumer Paradiesgarten von Carlos Alberto de Andrade."Im Sommer fühle ich mich fast wie zu Hause. Es duftet hier dann so richtig nach Süden", berichtete de Andrade am letzten Wochenende, während er die ersten Kakifrüchte in seinem Garten erntete. Vor 43 Jahren kam er als 23-jähriger Gastarbeiter aus Lissabon nach
Borgholzhausen.
Eigentlich wäre er ja lieber nach Hamburg gegangen, verrät er augenzwinkernd, denn die Stadt mit viel Wasser und Schiffen sei seiner portugiesischen Heimatstadt ähnlicher. Doch die Arbeit verschlug ihn nach Ostwestfalen. "Wenn mich Leute fragen, ob ich hier etwas vermisse, dann sage ich immer: Die Sonne und das Meer", so Carlos Alberto de Andrade.1984 startete er zusammen mit seiner Frau Gerda einen eineinhalbjährigen Versuch, in Portugal zu leben, doch verschiedene Gründe führten sie zurück nach
Borgholzhausen.
Carlos Alberto de Andrade bleibt seiner Heimat nun durch regelmäßige Besuche treu. In den letzten Jahren brachte er sich stets Pflanzen aus Portugal für seinen Garten mit. "Diesen Kakibaum habe ich auf dem Wochenmarkt in Lissabon gekauft, der EU-Pflanzenpass war gleich mit dabei", berichtet er und streichelt über den Stamm des inzwischen fünfjährigen Baums, dessen Obst der Sharonfrucht aus Israel ähnelt. Einige gärtnerische Niederlagen hätte er schon überstehen müssen, bis es dann endlich klappte mit den südlichen Früchten im westfälischen Garten. "Ich habe einfach nicht aufgegeben. Man braucht viel Geduld", sagt der Hobbygärtner, der fünf Versuche unternahm, bis Feigen- und Kakibaum die ersten Früchte trugen. Auch Pfirsiche, Nektarinen, Maronen, Birnenquitten und Weintrauben gedeihen auf dem de Andrade’schen Grundstück. Jetzt im Spätherbst sei die richtige Zeit für Maronen und Kakis.Vor den ersten Bodenfrösten hat Carlos Alberto de Andrade noch einiges zu tun, um die empfindlichen Pflanzen winterfest zu machen. Besonders die jungen Ableger seines Feigenbaums, die er für Freunde zieht, müssten gut geschützt werden. Dafür deckt er die jungen Pflanzen mit Tanne ab, damit er im Frühling wieder Freude an ihnen hat. "Die Wohnung ist für mich eigentlich nur zum Schlafen und Essen da. Wann immer es geht, bin ich draußen", erzählt de Andrade, der sich im Garten nicht nur um Pflanzen, sondern auch um seine Hühner, Wachteln und Fasane kümmert.
Für den Winter hat der geschäftige Rentner nun den Plan, eine große selbstgebaute Weihnachtskrippe mit eigens entworfener Winterlandschaft aufzubauen. Auch hier spielt sein Garten wieder eine Rolle: Getrocknete Petersilie, Tannen und Moos wird er als Dekoration nutzen.