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Luftschloss in Amsterdam vermietet

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VON FLORIAN GONTEK

Halle.
Studentin Laura hatte sich nicht viel dabei gedacht. Mit neun ihrer Freunde wollte sie gemeinsam die Silvester in Amsterdam verbringen und da die Sache in ihrem Freundeskreis einzuschlafen drohte, nahm sie die Zügel selbst in die Hand. Laura, die ihren richtigen Namen nicht nennen möchte, mietete also zum Preis von 1070 Euro für drei Nächte eine Wohnung im Zentrum der niederländischen Hauptstadt. Seitdem sie das Geld überwiesen hat, ist der vermeintliche Vermieter über alle Berge. Eine beliebte Betrüger-Masche. Laura und ihre Freunde werden ihr Geld wohl niemals wiedersehen.

Eigentlich hätte alles so schön sein können. Gut ein Dutzend Wohnungen hatte sich Laura auf Internetportalen angeschaut. Beim weltweiten Marktführer HomeAway, der die führenden Ferienhausportale Europas und der USA zusammenführt, ist sie schließlich fündig geworden. Zentrumsnah sei die Wohnung gelegen, nur fünf Minuten vom Amsterdamer Straßenviertel entfernt. Außerdem seien seine Lebenspartnerin und er ohnehin bis Februar 2016 in Aus-tralien, schreibt der Vermieter. Die Wohnung sei zwar notdürftig möbliert, aber gut. Auch, dass sich Laura mit mehr als den ausgeschriebenen acht Personen in das Domizil einmieten wollte, war für das Vermieter-Paar kein Problem. "Er war freundlich und hatte auf alles eine Antwort. Das war mir überhaupt nicht verdächtig", erzählt die junge Frau. Das, was der Mann, der sich Kees Driessen nannte, ihr über E-Mail versprach, klang wunderbar. Auch wenn die Wohnung nicht außergewöhnlich billig war. Sie erfüllte die Anforderungen und war buchbar.

Ebenso schnell wie die Studenten zuschlugen, war auch das Geld überwiesen. Driessen wollte alles, sofort. Ein großer Fehler. "Wenn ich per Überweisung Vorkasse mache, habe ich als Bank oder als Kontoinhaber nicht mehr die Chance, auf das Geld zuzugreifen. Das ginge dann nur noch auf dem zivilrechtlichen Weg, also im Klageverfahren", so Uwe Hensgens von der Kreissparkasse

Halle.
Er empfiehlt stattdessen eine Anzahlung zu leisten und erst am Ende den kompletten Betrag zu überweisen. Das ist die Regel bei solchen Geschäften. Aber Lauras Geschäft war nicht die Regel. Ebenso schnell wie das Geld vom Konto war, verschwindet dann auch die Wohnung aus dem Netz. Die junge Frau wurde skeptisch, schließlich hatte sie bislang weder einen Mietvertrag noch eine Buchungsbestätigung erhalten. Sie fragte bei Freunden nach Rat, versuchte Driessen vergeblich per SMS und E-Mail zu erreichen. Die Studentin googelte und stieß neben Dutzenden anderen Kees Driessens im niederländischen Raum auf einen Herrn, der in Groningen Sättel für Sportpferde vertreibt und die in den E-Mails angegebene Telefonnummer besitzt. Von einer Wohnung in Amsterdamer Stadtlage hatte der vermeintliche Vermieter jedoch noch nie etwas gehört. Für Laura ist seitdem klar: Ihr netter Vermieter ist ein Phantom, ein Betrüger. Die Studentin hat mittlerweile Strafanzeige erstattet.

Für Corinna Koptik von der Pressestelle der Kreispolizeibehörde Gütersloh ist das ein erster Schritt in die richtige Richtung. Fälle wie der der Studentin Laura treten im Kreis Gütersloh kaum auf. "Im Promille-Bereich, das ist eigentlich überhaupt kein Thema für uns", erklärt Koptik. In deutschen Großstädten wie München boomt das Geschäft mit dem Immobilienbetrug dagegen. Betrüger mit mutmaßlich englischem Namen inserieren dort vergleichsweise günstige Wohnungen in besten Lagen. Im teuren München besonders lukrativ. Im Internet wehren sich die Menschen gegen die Masche. Auf dem Blog wohnungsbetrug.blogspot.de finden sich mittlerweile bereits mehr als 6000 verdächtige E-Mail-Adressen und betrügerische Inserate.

Häufig befinden sich diese im Ausland und die Ermittlungsarbeit wir für die Behörden so zusätzlich erschwert. So wie bei unserer geschilderten Feiergemeinschaft mit niederländischem Ziel.

"Über die Staatsanwaltschaft in Bielefeld wird in diesen Fällen ein Rechtshilfeersuchen gestellt, so dass die holländischen Kollegen tätig werden können", erklärt Koptik. Grundsätzlich rät sie zu offenen Augen im Netz und seriösen Anbietern. Nun hatte Laura beim weltweiten Marktführer HomeAway ihre Wohnung gebucht. Alleine im Jahr 2013 machte das Unternehmen mit Vermietern und Ferienimmobilien einen Umsatz von mehr als elf Milliarden US-Dollar, mehr als eine Million Inserate in 190 Ländern führt das im Februar 2005 gegründete Internetportal mit Sitz in den Staaten aktuell.

Bei FeWo-direkt, dem 100-prozentigen Tochterunternehmen von HomeAway, bedauert man "zutiefst" die "unglückliche Situation", in die Laura durch die Buchung der Ferienimmobilie geraten sei. Nach Janina Roso, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens, zu urteilen, haben nach Schätzungen des Portals "99,9 Prozent der Urlauber ein positives Buchungserlebnis". "Geschulte Service-Mitarbeiter" und "umfangreiche "Sicherheits- und Prüfungsmaßnahmen" sowie ein Online-Security-Center www.fewo-direkt.de/info/ sons-tige/security-center, sollen Kunden außerdem schützen und informieren, so Roso.

Für Laura und ihre Freunde ist das nur ein kleiner Trost. Sauer ist die Studentin, "dass man erst die Presse einschalten muss, um eine Antwort zu bekommen".

Das Unternehmen hat nun nach Einreichung umfangreicher Unterlagen eine Mietpreiserstattung von bis zu 800 Euro in Aussicht gestellt. Auch wenn ein Teil des Schadens beglichen werden sollte: Der Traum von Amsterdam ist für die Studenten längst ein Grauen geworden.


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