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Der beste Dreher Deutschlands

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von Detlef Hans Serowy

Borgholzhausen/Stuttgart. Siegfried Kersch ist ein begeisterter »Wiederholungstäter«. Zum vierten Mal hat er am alle zwei Jahre ausgetragenen Wettbewerb »Dreher des Jahres« teilgenommen und zum zweiten Mal hat der 53-Jährige gewonnen. 2012 musste er sich den Titel noch mit Diego Morabito teilen, in diesem Jahr siegte Kersch allein. Das Fachmagazin »fertigung« führt den Wettbewerb auf der Messe »Internationale Ausstellung für Metallbearbeitung« (AMB)
durch. Siegfried Kersch ist bei der Firma »Frank Stockhecke Frästechnik« in Borgholzhausen beschäftigt.

"Er ist ein guter Dreher", sagt Chef Frank Stockhecke über seinen Mitarbeiter und das ist natürlich eine starke Untertreibung. 20 bis 30 Dreherinnen und Dreher aus ganz Deutschland beteiligen sich alle zwei Jahre im Februar am theoretischen Qualifikationswettbewerb. "Da muss man 40 bis 50 Fachfragen auf dem Niveau einer Meisterprüfung beantworten", so Kersch. Die besten fünf aus der Qualifikation kommen in das Finale nach Stuttgart.

"Wer eine Drehmaschine bedient, braucht handwerkliches Geschick, viel Wissen über die unterschiedlichsten Werkstoffe und muss zudem sehr komplexe Steuerungen programmieren können", beschreibt das Fachmagazin »fertigung« die Anforderungen an Dreher. Händeringend suche die Branche Nachwuchs, der Facharbeitermangel sei in der Metallbearbeitung allgegenwärtig.

Mit dem Wettbewerb »Dreher des Jahres« will die »fertigung« den Beruf bekannt und dem Nachwuchs möglichst schmackhaft machen. Seit 2002 treten Dreherinnen und Dreher deshalb öffentlich auf der Messe AMD gegeneinander an. Unterschiedliche Maschinenpartner sorgen für das Arbeitsgerät. In diesem Jahr stellt die Firma »Citizen Machinery Europe« den Langdreher »Citizen Concom L20-XII«.

"Arbeiten vor Publikum und an einer unbekannten Maschine ist eine ganz besondere Herausforderung", räumt Siegried Kersch ein. Der Bielefelder fertigt sonst bei Frank Stockhecke anspruchsvolle Einzelstücke für den Sondermaschinenbau aus Aluminium, Kunststoff, Stahl und Edelstahl. "Wir liefern beispielsweise Teile für eine Maschine, mit der Nockenwellen in der Automobilindustrie vermessen werden", so der Chef.

Siegfried Kersch reizt der Wettbewerb so sehr, dass er dafür sogar vier Urlaubstage opfert. "Zwei Tage wurden wir an der Maschine geschult und dann gab es die Wettbewerbsaufgabe", berichtet er. Weil die kurze Schulung niemanden zum Spezialisten für die Maschine mache, sei ein recht einfaches Teil zu fertigen gewesen, sagt der Bielefelder und greift zum Stift.

Die Welle, die er anschließend zeichnet, sieht mit einer Quer- und einer Längsbohrung und vier unterschiedlich dicken Teilen aber überhaupt nicht einfach aus. Eine Stunde hatten die Finalisten für das Programmieren ihrer Maschinen. Hier entscheidet sich (siehe Info-Kasten), ob das Werkstück anschließend gelingt oder nicht. Eine weitere Stunde gab es dann für die Bearbeitung.

Der Wettbewerb bildet die Aufgaben eines Drehers recht gut ab. "Wir bekommen Anfragen von Kunden mit Zeichnungen, die Teile gefertigt haben wollen", erklärt Frank Stockhecke. Anschließend kalkuliert der seit 1999 selbstständige Werkzeugmachermeister die Kosten und macht ein Angebot. Kommt seine Firma zum Zuge, dann ist einer der sechs Mitarbeiter gefordert.

"Die Maße aus der Zeichnung müssen in die Maschine programmiert werden und anschließend gilt es, das Teil so präzise wie möglich anzufertigen", beschreibt Siegried Kersch seine Aufgabe. Dabei geht es nicht um Millimeter, sondern um 1000stel Millimeter oder auch My.

Seine Präzisionsarbeit in Stuttgart hat sich für Siegfried Kersch gelohnt. Für den Sieg beim »Dreher des Jahres« reist er im Frühjahr 2015 mit einer Begleitperson für eine Woche nach Japan. Die Firma Citizen kommt aus dem Land der aufgehenden Sonne und Kersch wird das Hauptwerk besichtigen. "Es gibt auch ein schönes touristisches Programm."

2012 hat er eine Reise in die Schweiz gewonnen, die er noch antreten muss, und 2016 - das steht schon fest - nimmt er wieder teil und will an der Drehmaschine seinen Titel verteidigen. Siegfried Kersch ist halt ein begeisterter »Wiederholungstäter«


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