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Kartoffelmarkt mit königlichem Besuch

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Von Andreas Großpietsch
Borgholzhausen.
Kartoffeln gibt es fast überall auf der Welt, doch längst nicht überall versteht man so viel daraus zu machen wie in Borgholzhausen. "Das ist einer der schönsten Märkte in der ganzen Gegend", sagt zum Beispiel Jutta Bruck aus Enger, die schon oft am dritten Septemberwochenende den Weg nach Pium gefunden hat. Und die sich auch bei der 27. Auflage wieder über die vielen Stände von Vereinen, Verbänden und Privatleuten freuen konnte, die dem Piumer Kartoffelmarkt sein unverwechselbares Flair geben. Gute Ideen rund um den meist runden Erdapfel gibt es aber auch anderswo. Zum Beispiel in Rotenburg an der Wümme, wo man schon zwei Jahre früher auf die Idee gekommen ist, einen Kartoffelmarkt zu veranstalten. Und wo man in Karina Krenzer sogar eine Kartoffelkönigin erwählt hat, die mit Charme und freundlichem Lächeln für ihre Heimatstadt wirbt. Dort wird übrigens am kommenden Wochenende Kartoffelmarkt gefeiert. An diesem Wochenende war die Kartoffelkönigin in Borgholzhausen und erkundet ausgiebig das Angebot. Ihre Lieblings-Kartoffelspeise seien übrigens die Kartoffelpuffer ihrer Großmutter, erzählte sie. Auf die muss sie allerdings noch bis zum Jahresende öfter verzichten, denn ihr Amt bringt es mit sich, dass sie an etlichen Tagen sogar mehrere Termine in ihrem Amt als Kartoffelkönigin wahrnehmen muss. Für die Besucher sind solche kleinen Veränderungen und Verbesserungen wichtig, denn der Kartoffelmarkt hat ganz viele Stammgäste, die das Bekannte suchen und sich Veränderungen nur in ganz kleinen Dosen vorstellen können. Eine dieser Veränderungen präsentierte sich ebenfalls als blaublütig - was allerdings einer kleinen Revolution gleichkommt. Denn viele Jahre lang gehörten zwei mit einem schlicht in Braun gehaltenen Ganzkörperoutfit bekleidete Schauspielerinnen zum Inventar des Kartoffelmarktes. Ohne ein Wort zu sagen, zogen sie ihren kleinen Handwagen unermüdlich über den Markt, verteilten hier eine Süßigkeit an Kinder und erfreuten dort mit ihrem Pantomimenspiel. Ganz anders nun in diesem Jahr, wo sie in völlig neue Rollen schlüpften. Als Prinzessin Rosada de Kartöff und Baron Amado de Terre agierten sie schon bei der Begrüßung als wortreiche Botschafter ihrer selbst. Auf ihrem kleinen Handwagen präsentierten sie ihrem "lieben Kartoffelvolk" ihren beeindruckenden Stammbaum, zu dem unter anderem eine Schwarze Ungarin viele andere wohlklingende Namen aus ganz Europa gehören. Denn die Kartoffel ist ja eine Weltbürgerin, die aus ihrer südamerikanischen Heimat kommend in ganz vielen Ländern Freunde und Züchter fand, die ungezählte lokale Varianten schufen. Auf diese Vielfalt besinnen sich heute immer mehr Menschen. Das zeigte sich am Sonntag am Stand des Hofes Ortmann aus Vlotho-Exter. Das Modell braune Schale, gelber Kern findet sich dort zwar auch, doch daneben gab es Kartoffeln mit rotem ebenso wie solche mit violettem Innenleben. Dazu noch große, kleine, längliche und ovale Sorten in großer Zahl. Diese Vielfalt bezieht sich allein auf die Äußerlichkeiten. Doch der Kenner weiß natürlich, dass es die inneren Werte sind, auf die es letztlich ankommt. Eine gute Salatkartoffel ist mitnichten die beste Voraussetzung für wohlschmeckenden Kartoffelbrei. Denn für viele Kartoffelfreunde sind eher Begriffe wie mehlig, festkochend oder gar vorwiegend festkochend die wichtigen Qualitätskriterien, die von den heimischen Erzeugern bestens bedient werden können. Einen Beutel mit Kartoffeln zu kaufen, ist für viele Besucher der perfekte Abschluss. Denn zuvor haben sie sich an den vielen verschiedenen Ständen von der Vielfalt der Zubereitungen überzeugen können. Die längsten Schlangen gab es wie immer am Kartoffelpufferstand der Landfrauen, wo die Menschen geduldig darauf warteten, dass ihnen ihr Teil der direkt vor Ort knusprig braun gebratenen Spezialität zugeteilt wurde. Doch Kartoffeln taugen ebenso als Grundlage einer leckeren Suppe oder entscheidende Zutat zum westfälischen Pickert. Beim Kartoffelmarkt findet man sie sogar auch als Marmelade und als Grundlage für den leckeren selbst gemachten Kartoffelschnaps. Auch für Kartoffelkenner echt schwierig war allerdings das diesjährige Preisrätsel des Verkehrsvereins: Zwei Meter hoch und mit 15 Zentimeter starken Wänden, gehalten von einem festen Drahtgeflecht, war das Modell des Turms von Piums Wahrzeichen, der Ravensburg. Doch wie viel Kilogramm Kartoffeln braucht man für ein solches Bauwerk? Diese Frage setzte bei vielen Besuchern kreative Ideen frei. Manche gingen auf Tuchfühlung mit dem Turm, andere zählten die Drahtquadrate, die ungefähr der Größe eines Fünf-Kilo-Beutels Kartoffeln aus dem Supermarkt entsprechen. Die meisten folgten der sich angesichts der Kreisform des Schätzobjekts anbietenden Formel »Pi mal Daumen«. Für alle, die sich am Preisrätsel beteiligt haben und sich auf die Gewinnbenachrichtigung freuen möchten, sei schon mal verraten, dass sie mit einem Wert von 428 Kilogramm genau ins Schwarze getroffen hätten. Eine weitere kleine Neuerung ergab sich aus der Tatsache, dass Bürgermeister Klemens Keller wegen Urlaubs nicht die offizielle Eröffnung durchführen konnte. Dirk Speckmann übernahm als Stellvertreter souverän die Rolle des Stadtoberhaupts. Er lobte besonders den Verkehrsverein und die Landfrauen als unerlässliche Motoren der Veranstaltung. Sein besonderes Lob galt allerdings den Anwohnern der Festmeile. Denn für sie sind es inklusive Auf- und Abbau gleich ungefähr drei »tolle Tage«, in denen sie mit vielerlei Einschränkungen leben müssen. Für die Geschäftsleute sicher eine leicht zu tragende Last, bietet ihnen der Kartoffelmarkt doch die Chance, zahlreiche Gäste mit ihrem Angebot als Kunden zu gewinnen. In diesem Jahr leistete das Wetter ungewollt Schützenhilfe, denn die gelegentlichen Schauer erwiesen sich als zusätzlicher Anreiz für die Besucher, ihren Besuch im nächsten Laden vorzuziehen. Die Stimmung ließ sich aber davon niemand verderben. Der Verkehrsverein kann beruhigt in die Vorbereitung der 28. Auflage des Kartoffelmarktes einsteigen - die Gäste freuen sich schon.

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