Von Max Maschmann
Borgholzhausen.
Das Licht im Saal des Hotels Meyer ist gedimmt, alle Stühle sind besetzt. Vorne haben Michael König und Philipp Kreutzer Platz genommen. Für die Zuhörer beginnt damit eine Zeitreise durch den Kosmos der ostwestfälischen Fußballdiva DSC Arminia Bielefeld - natürlich über 90 Minuten. Eine Geschichte, die von königlichen Stürmern, Jahrhunderttrainern und Triumphen geprägt ist. Kleinere Rückschläge sind da nicht ausgeschlossen, wissen nicht nur Arminia-Fans.Grund 82, weshalb man Arminia Bielefeld lieben sollte, erzählt die Legende von König Artur - oder einfach nur Artur Wichniarek, wie er bis zu seiner inoffiziellen Krönung auf dem Bielefelder Rathausplatz gerufen wurde. "Im Jahre 1999 suchte Arminias Trainer Hermann Gerland einen neuen Ritter für seine Tafelrunde", erzählt Michael König. Seinen neuen Ritter sollte Gerland im polnischen Lodz finden. Allerdings lastete ein Fluch auf dem Helden, denn er traf das Tor nicht. Erst als Arminia 2000 aus dem Oberhaus abstieg, blühte König Artur auf: "Mit 37 Treffern machte er sich in zwei Spielzeiten die Zweite Liga untertan", erinnert sich Michael König.
Bei der Aufstiegsfeier 2002 dankten es ihm die Fans mit seiner Krönung. "Doch ach, der König war ein wankelmütiger Mensch", scheiben die Autoren. Trotz eines Treueschwurs zog es Wichniarek kurz darauf in ein neues Königreich nach Berlin. Dort wurde er nicht glücklich und kehrte 2006 an seine alte Wirkungsstätte zurück. Auf der Alm löste er im Jahr darauf Frank Pagelsdorf als Rekordtorschützen ab. Zwei Jahre später versuchte es Wichniarek erneut in der Hauptstadt - konnte dort abermals nicht Fuß fassen. Seit seinem Karriereende soll der König in der Bäckerbranche beschäftigt sein, so erzählt es zumindest die Legende.
Ein anderer Armine hat sich dagegen nie darauf verstanden kleine Brötchen zu backen. Egal ob »Ekel-Ernst«, »Power-Ernst« oder schlicht Jahrhunderttrainer - Ernst Middendorp hat in seinen insgesamt drei Bielefelder Amtszeiten viel dafür getan, unvergessen zu bleiben. In ihm sehen Kreutzer und König den 40. Grund zur Fanliebe.
"Als schillerndste seiner Amtszeiten", erklärt Philipp Kreutzer, "gelten die Jahre zwischen 1994 und 1998." Damals führte Middendorp die Arminia mit eiserner Hand aus der Regionalliga in die Erste Bundesliga. "Wer nicht mitzieht, wird liegengelassen", so das Credo des Trainers.
Exzentrisch war Middendorp schon immer. Gelegentlich neigte Middendorp zu verbalen Ausrutschern gegenüber Journalisten. Legendär ist seine Aufforderung an einen Reporter: "Knien Sie nieder, Sie Bratwurst." Die Ernennung zum Jahrhunderttrainer untermauerte Middendorp 2007 in seiner dritten Amtszeit. Damals führte er die Arminia aus dem Tabellenkeller der Bundesliga auf einen sensationellen zwölften Tabellenplatz. Nach einer anschließenden Pleitenserie war »Power-Ernst« jedoch ebenso schnell gefeuert, wie er gekommen war.
Wer nun vermutet, Arminia hätte angesichts von abtrünnigen Stürmern blauen Blutes und exzentrischen Trainern keine Happy Ends zu bieten, der irrt. Den 109. Grund haben sich die Journalisten bewusst für den Schluss aufgespart. Er handelt von Sebastian Hille, dem Mann, der am 11. Mai 2013 zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. "Hille hatte es nie leicht, galt als technisch limitiert - für einen wie ihn schien die Oberliga die passende Spielklasse zu sein", urteilen König und Kreutzer in ihrem Buch.
Viele Spieler hätten das akzeptiert, nicht aber Sebastian Hille. Er suchte konsequent sein Glück, bis er es im Spiel gegen den VfL Osnabrück fand: In der 56. Minute erzielte der Mittelfeldmann per Kopf das spielentscheidende 1:0. Damit war der Aufstieg in die Zweite Liga perfekt und Hille unsterblich. Heute stehen seine Schuhe vom damaligen Spiel im Stadionmuseum hinter Glas. Mit einem Video von Sebastian Hilles goldenem Tor endet am Donnerstagabend die Zeitreise durch den Kosmos Arminia. Die Gäste von Buchhändlerin Martina Bergmann und Elektronik-Händler Frank Stenzel applaudieren für ein ebenso vielschichtiges wie humorvolles Porträt des DSC Arminia