Von Max Maschmann
Halle/Bielefeld. Als der Sänger Mark Forster seinen Hit »Au Revoir« (Auf Wiedersehen) schrieb, sprach er damit vielen Menschen aus der Seele. Der Song thematisiert den Ausbruch aus dem Alltag und die Sehnsucht nach der Ferne. Eine ähnliche Situation durchlebt gerade die Studentin Sarah Müller aus Halle.
Nachdem die 22-Jährige überraschend für einen international ausgerichteten Studiengang in Bremen angenommen wurde, bricht sie innerhalb von eineinhalb Monaten ihre Zelte in Bielefeld ab und lässt Deutschland hinter sich. Für zwei Jahre heißt die neue Heimat Valencia.
Am 14. Juli, einen Tag vor Ablauf der Bewerbungsphase an Hochschulen und Universitäten, saß die gebürtige Hallerin Sarah Müller in einem Bielefelder Café und klickte sich durch verschiedene Internetseiten. Erst vor wenigen Wochen hatte sie ihr erstes Semester des Studiums der Betriebswirtschaftslehre (BWL) an der Fachhochschule Bielefeld beendet. Sie ahnte noch nicht, dass es ihr einziges in Ostwestfalen bleiben sollte. Nach einer Weile stieß die Studentin auf den Studiengang BWL/Internationales Management der Hochschule Bremen. Dabei verbringen die Studenten zwei Jahre im Ausland, entweder in Marseille oder Valencia.
Die Neugierde von Sarah Müller war geweckt, schließlich wollte sie schon immer ins Ausland gehen: "Man hat das zwar immer vor, aber schiebt es auf", sagt sie. Spontan füllte sie das Bewerbungsformular aus und schickte es ab - obwohl sie zu dem Zeitpunkt mit ihrem aktuellen Studium zufrieden war. Ihre Eltern und die beste Freundin informierte sie gar nicht erst darüber, "schließlich habe ich mit einer Absage gerechnet".
Als Anfang August, entgegen aller Erwartungen, die Zusage aus der Hansestadt kam, war die Verwunderung sowohl bei Müller, als auch Eltern und Freunden groß: "Ich kann bis heute nicht realisieren, dass ich genommen wurde", erzählt sie. Ihre Eltern hätten sich zunächst überrumpelt gefühlt, seien aber schnell darin überein gekommen, dass solche spontanen Aktionen zu ihrer Tochter passen würden, sagt diese schmunzelnd. Am härtesten hat der kurzfristige Umzug nach Valencia jedoch ihre beste Freundin und Mitbewohnerin Caroline getroffen, denn die beiden mussten ihre gemeinsame Wohnung in Bielefeld auflösen. "Glücklicherweise hat sich schon ein Nachmieter gefunden", erklärt Müller. Einen Teil des Hausstandes hat die 22-Jährige verkauft, der Rest wird bei den Eltern zwischengelagert. Ihre Möbel benötigt die Studentin in ihrer neuen Heimat vermutlich nicht, "da es bei den Spaniern üblich ist, dass die Wohnungen möbliert sind". Die Studentin hat bereits ein WG-Zimmer im Zentrum von Valencia gefunden - der Strand ist lediglich 20 Minuten entfernt.
Während der Urlaube in den spanischen Metropolen Barcelona und Madrid hat Müller die Spanier als "lebensfroh und temperamentvoll" kennengelernt. Ihre künftige Heimatstadt Valencia, mit 1,8 Millionen Einwohnern immerhin die drittgrößte des Landes, hat sie noch nicht besucht. Allerdings weiß die 22-Jährige, wofür die Hafenstadt am Mittelmeer berühmt ist: "Bei den Fallas, einem Frühlingsfest, strömen im März tausende Menschen in die Stadt", erzählt die Studentin mit hörbarer Vorfreude. Hinzu komme die ausgezeichnete spanische Küche. Fachlehrerin Brigitte Salagaray hatte während der Oberstufenzeit am Berufskolleg Halle Müllers Interesse für die spanische Sprache und Kultur geweckt: "Sie hat mich gefördert und mir mit auf den Weg gegeben, wie wichtig Sprachzertifikate seien."
Ein Ratschlag, den die 22-jährige offensichtlich beherzigte: Nach einer Prüfung durch die IHK darf sie sich im Fachgebiet Englisch geprüfte Fremdsprachenkorrespondentin nennen. Zudem spricht sie auf einem hohen Niveau Spanisch. "Ich bin mir sicher, dass meine Zertifikate der Grund waren, weshalb ich für einen derartig anspruchsvollen Studiengang ausgewählt worden bin", gibt sich die Studentin überzeugt.
Heute hebt der Flieger um 19.40 Uhr vom Flughafen Düsseldorf-Weeze in Richtung Valencia ab. Sarah Müller und ihre Freundin Caroline werden mit an Bord sein. "Sie begleitet mich in der ersten Woche, ehe am 15. September das Semester beginnt", erklärt Müller. Schon jetzt ist sie sicher, dass es bei der Verabschiedung am Flughafen "Abschiedsschmerz und Tränen" geben wird. "Doch es ist das größte Abenteuer meines Lebens. Ich freue mich darauf."