VON HEIKO KAISER
Hagen. Wenn es denn noch Zweifel an der Oberligatauglichkeit der Sporfreunde Loxten gegeben haben sollte, am Samstag hat sie der Aufsteiger in beeindruckender Manier ausgeräumt. 30:28 (14:18) siegte die Mannschaft von Trainer Dirk Elschner beim Vorjahresvierten VfL Eintracht Hagen II. Ein Ergebnis, mit dem vor allem die Gastgeber niemals gerechnet hatten.
Grauer Beton dominiert, die Wände ziert ein brauner Teppichboden, die Tribüne ist mit einer wuchtigen hölzernen Barriere vom Spielfeld getrennt. Die Sport
halle Mittelstadt am Bergischen Ring empfängt Loxten im rustikalen Charme der 70er Jahre. Im Eingangsbereich künden großformatige Transparente und Bilder von über 20 Jahren Verbands- und Oberligazugehörigkeit der Hagener Zweiten und dokumentieren: Das ist beileibe keine Laufkundschaft, mit der es die Sportfreunde hier zu tun bekommen. Am Verkaufsstand wenige Meter weiter türmen sich Frikadellen direkt neben einer liebevoll hergerichteten Kirschtorte. Bodenständig und herzlich zugleich ist man hier im Süden des Ruhrgebiets.
Robust und mit viel Herz treten die Gastgeber auch in der ersten Halbzeit auf dem Spielfeld auf. Loxten ist von dieser Wucht und Wurfgewalt offensichtlich überrascht. Offenbar eingeschüchtert präsentiert sich die Abwehr in der ersten Oberliga-Halbzeit der Vereinsgeschichte, lässt Zweimetermann Phillip Hinkelmann, dem man durchaus zutraut, gleichnamige Steine mit sich zu schleppen, ebenso gewähren wie Mittelmann Alexandros Katsigiannis und Linkshänder Patrik Lütgenau. Auch Kreisläufer Jan Henkels hat zu viel Platz, reißt zahlreiche Siebenmeter, die Katsigiannis sicher verwandelt. Weder Hendrik Peters noch Marco Possehl bekommen im Loxtener Tor die Hand an den Ball: über 0:3, 4:8 und 9:14 droht das Oberliga-Debüt für die Sportfreunde zur Pleite zu werden.
In der Pause muntert Elschner sein Team auf: "Wenn wir in der zweiten Halbzeit nur zehn Gegentore kriegen, gewinnen wir", gibt er der Mannschaft mit auf den Weg und auch die Taktik, wie es zu realisieren ist: Manndeckung gegen Mittelmann Katsigiannis.
Die Maßnahme wird ein voller Erfolg. Ohne ihren Taktgeber verliert Hagen den Rhythmus. Hinkelmann kommt mit dem größeren Raum nicht zurecht und lässt sich wie Lütgenau zu unvorbereiteten Würfen verleiten. Loxtens Abwehr steht nun sicher, weil plötzlich auch Torwart Peters voll da ist. Zwölf Bälle wehrt er nach der Pause ab, zwischen dem 18:22 (38.) und 25:22 (49.) bleibt er elf Minuten ohne Gegentor.
Auch Elvir Selmanovic zeigt eine starke Leistung. Der neuzugang ist Regisseur und Vollstrecker zugleich, wird deshalb in der zweiten Halbzeit mit einer Manndeckung bedacht. Die daraus entstehenden Lücken nutzt Loxten besser als Hagen auf der Gegenseite: Sebastian Hölmer glänzt mit Anspielen auf Kreisläufer Jan Patzelt, der vor der Pause noch abgemeldet war. Auch Heiner Steinkühler trifft, und Nils Patzelt macht unbekümmert einfach das, was er am besten kann: Tempo und Tore.
Hagen ist völlig überrascht von der Auferstehung eines Gegners, den man offensichtlich schon als geschlagen abgehakt hatte. In einer letzten Kraftanstrengung sorgt Hinkelmann mit seinen ersten beiden Treffern nach der Pause für den Ausgleich zum 26:26 (54.). Loxten wackelt und schlägt zurück. Hölmer bringt die Sportfreunde wieder in Führung, Peters wehrt mit seiner elften Parade den Wurf von Linksaußen Berblinger ab, Steinkühler trifft in Unterzahl zum 28:26. Diesen Vorsprung bringen die Gäste über die Runden. Frustriert drückt Lütgenau Selmanovic den Ball ins Gesicht und sieht dafür »Rot« (60.).
Sein Trainer Rainer Hantusch konstatiert ernüchtert: "Loxten hat verdient gewonnen. Uns war klar, dass nur wir entscheiden, wie dieses Spiel ausgeht. Das haben wir mit undisziplinierten Würfen getan." Auch da scheint der VfL-Trainer noch nicht akzeptiert zu haben, an einer mindest gleichwertigen Mannschaft gescheitert zu sein. Dirk Elschner spricht hingegen von einer "Top-Mannschaftsleistung" seines Teams, das mit diesem Ergebnis die Oberliga-Konkurrenz aufhorchen lässt.