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Olympionike in komplexen Zahlenräumen

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von Alexander Heim

Werther. Ob er im weiten Feld der Mathematik besondere Interessen hat? "Ich mag gerne Zahlentheorie", verrät Johannes Linn. "Geometrie ist eher nicht so mein Ding. Da geht es ja viel darum, Sätze auswendig zu lernen." Gleichungen zu lösen - das macht dem Neuntklässler am Evangelischen Gymnasium Werther (EGW)
hingegen großen Spaß. Vor den Sommerferien hat Johannes an der 53. »Mathe-Olympiade« teilgenommen. Und er schaffte es dabei nicht nur bis in den Bundeswettbewerb. Am Ende winkte ihm auch ein dritter Preis und damit ein ausgezeichneter siebter Platz.

Ein Junge, der sich zu Hause - tagein, tagaus - nur mit der Mathematik beschäftigt? Wer diesem Klischee verfällt, der liegt bei dem Gymnasiasten völlig falsch. "Ich spiele Trompete", zählt der 13-Jährige eines seiner Hobbys auf. Auch sportlich ist Johannes aktiv, beim Handball. Wann ihm aufgefallen sei, dass er zudem ein Händchen für die Mathematik hat? "Ziemlich früh", entgegnet der Teenager da. "In der Grundschule waren ja viele gut in Mathe. Aber am Gymnasium hab ich gemerkt, dass einige in dem Fach auf eine Drei rutschen."

"Wir bekommen die Einladung zur »Mathe-Olympiade« immer über die Bezirksregierung ins Haus", erzählt EGW-Schulleiterin Barbara Erdmeier. Der Landesverband Mathematik übernimmt die Organisation. Kurz vor den Herbstferien 2013 startete Johannes in die erste Runde des Wettbewerbes.

"Man bekommt Aufgaben für eine Woche nach Hause und gibt sie dem Mathelehrer zurück", erläutert Johannes das Prozedere. "Wir gucken dann, wer für die nächste Runde am geeignetsten ist", erläutert sein Mathelehrer Thorsten Becker. Wieso die Wahl auf Johannes fiel? "Bei den Aufgaben wird ein relativ hohes Abstraktionsvermögen erwartet. Ich glaube, dass Johannes intuitiv einen guten Zugang zu Beweisstrukturen hat."

Anfang Dezember fuhr der Achtklässler zur Regionalrunde nach Gütersloh. Dort hatte er eine zweistündige Klausur zu bestehen. "Die besten fünf oder sechs qualifizieren sich für die nächste Runde." Johannes erreichte einen ersten Platz. Damit war er mit von der Partie, durfte zur Landesrunde nach

Bielefeld.
Diesmal war es eine dreieinhalbstündige Klausur, die Johannes in Räumen des Helmholtz-Gymnasiums zu lösen hatte.

Wer hier zu den besten drei einer Jahrgangsstufe gehörte, hatte sich für den Bundeswettbewerb qualifiziert. Mit Platz zwei löste der Wertheraner sein Ticket als einer von 14 Schülerinnen und Schülern aus Nordrhein-Westfalen. "Das hat nichts mit Schulmathematik zu tun", erklärt Thorsten Becker. "Da bewegen wir uns in Bereichen, die ein Mathematikstudent am Studienanfang als Anforderung vorfindet."

Und so machte sich Johannes Linn Mitte Juni mit dem Zug auf den Weg nach Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern zum Bundeswettbewerb. "Wir hatten drei Aufgaben pro Tag zu lösen", erzählt er. Jeweils eine aus dem Bereich Geometrie, Zahlentheorie und Logik. Zwei Klausuren von jeweils viereinhalb Stunden Länge galt es zu schreiben.

"Wir sind am Freitag losgefahren, Samstag und Sonntag waren die Klausuren, und Montag ging es zurück", erzählt er. Dafür war Johannes Linn von der Schule freigestellt: "Das war ein schöner Nebeneffekt", sagt er schmunzelnd. "In Greifswald gab es auch ein Rahmenprogramm", erinnert er sich gerne an Besuche im Institut für Plasmaphysik oder im Ozeaneum.

Nach der Einsicht in seine Klausuren wurde es noch einmal spannend: Johannes legte Einspruch ein. Und bekam Recht. "Es hatte für Verwirrung gesorgt, dass bei einer trigonometrischen Funktion die Sinusamplitude zu groß gewählt worden war", erläutert Thorsten Becker. "Da bewegen wir uns im Bereich der Komplexen Zahlen - das ist nicht einmal für den Leistungskurs vorgesehen."

Am Ende winkte Johannes ein dritter Preis. "Das entspricht etwa einem siebten oder achten Platz", freut er sich. "Ich bin superstolz auf ihn", freut sich Klassenlehrerin Nadine Reimann mit ihrem Schüler. Schulleiterin Barbara Erdmeier gratulierte Johannes mit einem Gutschein zu seinem doppelten Erfolg. Denn nebenbei hatte er auch am »Känguru-Wettbewerb« teilgenommen und - wie schon 2013 - den 1. Platz erreicht.

Was er mal werden will? "Davon hab ich noch keine richtige Vorstellung", erzählt Johannes. "Aber ich hab vor, Mathe und Physik zu studieren" - seine Lieblingsfächer. Ob er in diesem Jahr wieder mit am Start ist bei der »Mathe-Olympiade«? Die Frage ist schnell geklärt. Da grinst Johannes und sagt: "Ja."


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