von Herbert Gontek
Halle.
Die Kastanienbäume der Allee am Schloss Tatenhausen verbreiten bereits in der letzten Woche des Monats August Winterstimmung. Die Blätter sind braun, durch die Kronen kam man bereits den Himmel sehen. Die Miniermotte hat in diesem Jahr ganze Arbeit geleistet. Aber sie ist es nicht allein, die die Kastanien belastet. Neuerdings kommt ein bisher unbekanntes Bakterium dazu und die Umweltbelastungen an der vielbefahrenen Straße geben ihren Teil dazu. "Die prächtigen Bäume haben einen schweren Stand", sagt Stephan Borghoff Leiter der Umweltabteilung in Halle."Fest steht nach den Beobachtungen der vergangenen Jahre, dass der Miniermottenbefall allein nicht zum Tode der Kastanienbäume führt", sagte gestern Stephan Borghoff. Aus dem angestammten Lebensraum der Kastanie, dem Balkan oder weiter südöstlich, sei die Motte im Zuge der klimatischen Veränderungen weiter nach Norden gezogen und attackiere seit 20 Jahren mehr oder minder intensiv die Kastanien in unserer Gegend.
Neuerdings ist ein weiterer deutlich gefährlicherer Kastaniengegner dazugekommen, das sogenannte »Pseudomonas syringae pv. aesculi«-Bakterium. Das schädigt die Rinde, lässt den Baum ausbluten, führt in der Regel innerhalb von zwei, drei Jahren zum Tod der Kastanien.
Stephan Borghoff: "Auch innerhalb unseres Stadtgebietes haben wir bereits mehrere junge Kastanien, die vom Bakterium angegriffen wurden und deren Untergang wir jetzt beobachten können. Wir haben uns gegenwärtig entschlossen, die Bäume erst dann abzusägen, wenn sie zur Gefahr werden, oder bei kleineren, wenn sie abgestorben sind."
Birgit Husemann von Straßen.NRW sagte gestern im Gespräch mit unserer Zeitung, dass ihre Behörde als Baulastträger die Allee an der Landstraße 931 alle 18 Monate durch Baumkontolleure in Augenschein nehmen würde. Beim Alter dieser Bäume müsse man sie im belaubten und unbelaubten Zustand untersuchen.
Thomas Bierbaum aus der Umweltabteilung des Kreises Gütersloh trauert den gefährdeten Kastanien nicht wirklich hinterher. Aus der Sicht eines Ornithologen sei die hier nicht heimische Kastanie relativ wertlos. Sie diene nur sechs Vogelarten als Futterquelle, die Vogelbeere dagegen über 60 Arten. Außerdem sei sie mit 80 Jahren relativ kurzlebig und als Alleebaum wegen ihres weichen Holzes nicht ganz unproblematisch. Aus seiner Sicht seien eben die Vogelbeeren oder auch Linden deutlich die bessere Wahl.
Die Kastanie als Alleebaum ist in den goldenen 20er Jahren als Modebaum gepflanzt worden. In jüngster Zeit wird sie kaum noch ausgewählt.