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"E-Book-Nutzung kein Luxus-Angebot"

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Werther.
Lesen ist nicht länger gleich lesen. Während die einen weiter auf das gedruckte Wort setzen, sitzen die anderen abends mit dem Tablet oder dem Reader auf dem Sofa. Feuchten die einen vielleicht noch die Fingerspitze, um das Papier leichter blättern zu können, streichen die anderen zum »Umblättern« nur noch sanft mit den Fingern über den Bildschirm. Natürlich sind das nur einige rein äußerliche Unterscheidungsmerkmale zwischen dem gedruckten Buch und dem E-Book. Ein weiteres ist übrigens, dass Letzteres noch nicht in der Wertheraner Stadtbibliothek auszuleihen ist. Das zumindest soll sich nun ändern. HK-Redakteurin Kerstin Spieker sprach darüber mit Bibliotheksleiterin Susanne Damisch.

Frau Damisch, das Thema E-Book ist ja nicht ganz neu in der Bücherwelt. Auch in einer Reihe von Bibliotheken gibt es bereits Angebote zur Ausleihe von E-Books. Warum gibt es in Werther bisher noch keine?

SUSANNE DAMISCH: Weil das von einer kleinen Bibliothek wie der unsrigen mit dem Personalschlüssel und der finanziellen Ausstattung so nicht zu bewältigen ist. 2011 hatten wir uns schon einmal um die Aufnahme in einen Verbund von Bibliotheken bemüht, die gemeinsam das Thema E-Book-Ausleihe angegangen sind. Wir mussten dann aber abspringen, weil hier zunächst eine Serverumstellung ins Haus stand und beides konnten wir nicht stemmen. Der Verbund war ein mit Landesmitteln gefördertes Projekt und nach dem Start konnte während des Förderzeitraums keine weitere Bibliothek dazukommen.

Wann kann nun der Leser damit rechnen, in Werther E-Books im Angebot zu finden?

DAMISCH: Wir arbeiten gerade an der Aufstellung eines neuen Verbundes. 13 Bibliotheken aus der erweiterten Region wollen sich darin zusammenschließen. Angepeilt ist, ab Oktober E-Books in Werther zur Ausleihe anbieten zu können.

Wie wird ein entsprechender E-Book-Verbund, dem sich die Stadtbibliothek Werther anschließen wird, strukturiert sein? Wie stellt sich das gemeinsame Angebot dar?

DAMISCH: Wir werden für zwei Jahre ein geschlossenes System bilden und eine gemeinsame E-Book-Bibliothek anlegen. Darin werden die Bestseller vertreten sein mit einer Mehrfachlizenz, so dass sie für möglichst viele Leser verfügbar sind. Andere Bücher werden vielleicht zunächst nur mit einer Lizenz vertreten sein. Wenn wir dann aber merken, dass das nicht ausreicht und die Vorbestellungsliste wächst, wollen wir schnell reagieren und Lizenzen nachkaufen. Ich bin jedenfalls sicher, dass wir gemeinsam ein ganz attraktives Angebot machen können. Aber natürlich werden nicht alle Bücher, die es in gedruckter Form gibt, als E-Books zu haben sein. Zum einen, weil nicht jedes Buch überhaupt als E-Book zu haben ist. Zum anderen auch, weil manche Verlage sich bisher weigern, mit Bibliotheken zusammenzuarbeiten. Und anders als bei gedruckten Werken, wo das Gesetz Verlage dazu verpflichtet, können E-Book-Verleger sich rechtlich tatsächlich der Kooperation mit uns verweigern.

Welche Voraussetzungen technischer Art muss ein Leser erfüllen, um ein E-Book in seiner Bibliothek ausleihen zu können?

DAMISCH: Also zunächst einmal muss er einen gültigen Bibliotheksausweis haben. Was den Reader angeht, so helfen wir Bibliotheksmitarbeiterinnen entweder gern bei der Einrichtung eines eigenen Gerätes oder der Leser kann auch einen Reader in der Bibliothek gleich mit ausleihen. Wir werden mindestens sechs Geräte anschaffen.

Wenn sich ein Bibliotheksnutzer entschieden hat für einen Titel, wie greift er dann auf die Datei zu?

DAMISCH: Ihm wird die Datei auf seinen internetfähigen Reader oder seinen PC geschickt, so dass er sie sich dann selber auf seinen Reader laden kann.

Wie lang ist die Ausleihdauer für ein E-Book?

DAMISCH: Wir haben die Ausleihdauer für E-Books zunächst auf 14 Tage festgelegt. Wir müssen damit dann erst einmal Erfahrungen sammeln. Außerdem kann ein Nutzer höchstens sechs E-Books gleichzeitig ausleihen.

Woher weiß das Lesegerät, dass die Ausleihzeit abgelaufen ist und der Leser kein Zugriffsrecht mehr für die Datei hat?

DAMISCH: Die Datei ist so installiert, dass sie nach Ablauf der Ausleihfrist schlicht nicht mehr gelesen werden kann. Die Frist kann auch nicht verlängert werden. Allerdings könnte ein Nutzer das E-Book, wenn es nicht vorbestellt ist, nach Ablauf der Ausleihfrist ein zweites Mal ausleihen.

Entstehen für den Nutzer der E-Book-Ausleihe zusätzliche Kosten?

DAMISCH: Nein. Die E-Book-Nutzung soll kein Super-Luxus-Angebot für diejenigen sein, die es sich leisten können. Wer einen Bibliotheksausweis für unsere Stadtbibliothek hat, der hat ja eine Nutzungsgebühr in Höhe von zwölf Euro für ein Jahr entrichtet. Damit ist er auch berechtigt, die Leihreader zu nutzen und den E-Book-Bestand.

Wie groß ist nach den bisherigen Erfahrungen im Umgang mit E-Books in der Bibliothek der Anteil an den Ausleihen im Schnitt?

DAMISCH: Viele Bibliotheken fangen ja gerade erst an, E-Books in ihren Bestand zu nehmen. Somit gibt es auch noch nicht so viele Zahle dazu. Allerdings haben wir Bibliotheken, die zwei Jahre nach der Aufnahme von E-Books ins Programm von Ausleiheanteilen um sechs Prozent berichten.

Was denken Sie, löst das E-Book das klassische gedruckte Werk in den Regalen der Bibliothek ab?

DAMISCH: Das denke ich nicht. Ein wunderbar bebildertes Kochbuch, Gartenbuch oder auch Bilderbuch kann ich mir nur in gedruckter Form vorstellen. Aber grundsätzlich haben beide Buchformen ihre Existenzberechtigung. Und als Bibliothek, meine ich, müssen wir uns auch dazu stellen. Ob Leser nun zu einem Buch in gedruckter Form greifen oder den Reader zur Hand nehmen, ist ja grundsätzlich eher eine sekundäre Frage. Wichtig ist doch, dass Menschen lesen.

Wie halten Sie es selber mit der E-Book-Nutzung?

DAMISCH: Im Moment habe ich das Gefühl, als sei das nicht so meins. Aber das habe ich auch gesagt, als sich meine Tochter ihr erstes Smartphone gekauft hat. Und heute habe ich selber eins und nutze es ganz selbstverständlich.

Frau Damisch, vielen Dank für das Gespräch.


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