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Schweißtreibend und lebensgefährlich

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Von Anke Schneider

Werther.
Wer schon einmal Bäume mit einer Motorsäge klein gemacht hat, weiß, dass das echte Knochenarbeit ist. Betrachtet man allerdings die historischen Sägen aus der Sammlung von Stephan Krebs, wird klar: Früher war so eine Arbeit mitunter lebensgefährlich. Über 300 dieser alten Sägen befinden sich im Besitz des Wertheraners. Die älteste stammt aus dem Jahr 1928.

Im Jahr 2000 wurde der Ingenieur auf einem Flohmarkt auf eine alte Motorsäge aufmerksam. "Das war eine Dolmar CC", erinnert sich Stephan Krebs. Sie war die erste Einmann-Motorsäge, die die Firma Dolmar in den 1950er Jahren noch vor der Firma Stihl auf den Markt brachte.

Auf der Suche nach Ersatzteilen für das alte Schätzchen entdeckte Stephan Krebs, dass es für Motorsägen eine intensive Sammlerszene gibt. "Mit 150 gelisteten Sammlern weltweit", erzählt er. Inzwischen ist er einer davon.

Mit der ersten Säge hatte den Wertheraner die Sammelleidenschaft gepackt. Säge für Säge aus aller Herren Länder kam dazu. Stephan Krebs fragte bei Land- und Forstwirten nach alten Sägen, wurde aber auch im Internet fündig. Nahezu jede Säge wurde restauriert und funktionstüchtig gemacht.

Aus der Geschichte der Motorsäge weiß der Sammler zu berichten, dass früher jedes Land seine eigene Motorsägenkultur hatte. "Das waren in sich geschlossene Märkte", so Krebs. Sein Beruf habe es mit sich gebracht, dass er international unterwegs war. "So hatte ich die Chance, Motorsägen zu finden, die man hier sonst nicht bekommt", berichtet er.

In der Sammlung von Stephan Krebs befinden sich heute Sägen von Firmen, die es schon lange nicht mehr gibt. Dazu gehören Sägen der Firma Homelite oder Mcculloch aus Nordamerika, den Firmen Danarm, Teles oder Aspin Sankey aus England oder auch Sägen der Firma Echo aus Japan. Einige Sägen finden sich auch doppelt im Bestand des Sammlers. "Die nehme ich dann zum Tauschen", sagt er.

Stephan Krebs erzählt, dass in den 1920er Jahren die Firmen Rinco und Akco die ersten Motorsägen auf den Markt gebracht haben. Die älteste motorenbetriebene Kettensäge überhaupt soll 1922 die Firma Sector aus Schweden hergestellt haben. "Stihl und Dolmar sind zu der Zeit lediglich Händler gewesen", weiß Krebs. Dolmar brachte 1927 dann die erste serienmäßig hergestellte, benzinbetriebene Motorsäge auf den Markt, vom Typ A. Die Säge musste von zwei Personen bedient werden. Die erste Motorsäge mit Elektromotor baute Stihl im Jahr 1926. Die älteste Motorsäge in der Sammlung des Wertheraners ist eine Säge der Firma Akco. Sie wurde 1928 gebaut.

Die ersten Motorsägen waren Zweimann-Sägen und wogen bis zu einem Zentner. "Ihr Betrieb war nicht nur schweißtreibend, sondern wirklich lebensgefährlich", weiß Stephan Krebs. Sicherheitsvorkehrungen wie eine Kettenbremse oder den Kettenfangbolzen gab es nicht. Hin und wieder führt der Sammler die alten Schätze vor, wie kürzlich auf dem Wer- theraner Köhlerfest oder auch bei Aktionstagen im Holzmuseum Hiddenhausen.

Die ersten Motorsägen konnten nur senkrechte Schnitte ausführen, da der Motor in aufrechter Position gehalten werden musste. Später wurden Motorsägen mit Schwenkvergaser gebaut oder auch solche, bei denen die Schiene um 90 Grad schwenkbar war.

"Der Zweite Weltkrieg revolutionierte die Motorsägentechnik", berichtet Krebs. Viele neue Hersteller seien in dieser Zeit dazugekommen, die die Entwicklung vorantrieben. Aber erst der im Flugzeugbau entwickelte Membranvergaser ermöglichte schließlich einen vollständig lageunabhängigen Betrieb der Motorsäge und führte Ende der 1950er Jahre zur Entwicklung der heute gebräuchlichen Einmann-Motorsäge. Ein Vergnügen war die Arbeit mit der Motorsäge trotzdem nicht. Die ersten Einmann-Sägen wogen immerhin noch 15 bis 20 Kilogramm.

Während die Motorsägentechnik immer weiter voranschreitet, ist Stephan Krebs weiter auf der Suche nach alten Kettensägen. "Interessiert bin ich an allem, was vor der Erfindung der Kettenbremse in den 1970er Jahren hergestellt wurde", sagt er.

Wer die Sammlung des Wertheraners betrachten möchte, hat jeden Freitag von 10 bis 18 Uhr und jeden Samstag von 10 bis 13 Uhr Gelegenheit dazu. Dann sind die Türen des Privatmuseums in der alten Potthoff-Villa an der Haller Straße geöffnet.


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