„Ich hatte mich schon bei den Paralympics in Peking 2008 gewundert, warum dort keine Gehörlosen an den Start gingen”, erzählt Knut Weltlich. Gedanken hätte er sich darüber aber keine gemacht. Bis er bei den Paralympics in London, wo er genau wie in Peking als Botschafter für den Deutschen Behindertensportverband im Einsatz war, davon hörte, dass Gehörlose ihre eigene Olympiade haben: die »Deaflympics«. Deaf ist englisch und bedeutet taub.
Als er nun gefragt wurde, ob er erneut als Botschafter zur Verfügung stehen und trotz seiner Pensionierung bereit sein würde, von der Veranstaltung zu berichten, sagte er sofort zu. „Es wird aufregend sein und bestimmt ganz anders, als ich es mir vorstelle.”
Am seltsamsten, ist sich der Hägeraner sicher, wird ihm die Stille vorkommen. „Bei den Paralympics war immer ein Riesenlärm, alle haben gejubelt und geklatscht.” Das sei bei den »Deaflympics« natürlich nicht möglich, die Sportler würden ja nichts hören. So weiß Knut Weltlich inzwischen, dass man - statt zu applaudieren - beide Arme in die Höhe hält und die Handflächen hin und her bewegt. Überhaupt werde vieles über optische Signale funktionieren, Starts in der Leichtathletik oder beim Schwimmen zum Beispiel oder Abpfiffe in den Ballsportarten.
Wie gut oder schlecht die Kommunikation mit den Gehörlosen funktionieren wird, weiß Knut Weltlich nicht. „Ich kriege das schon hin”, ist er optimistisch. Einige Zeichen in Gebärdensprache kennt er, „ich hatte ja bei Bertelsmann auch mit Gehörlosen zu tun”. Wenn gar nichts ginge, würde man sich eben mit Händen und Füßen verständigen.
Was zum Problem werden könnte, da Knut Weltlich nicht nur als Botschafter, sondern auch als Berichterstatter mit den Sportlern ins Gespräch kommen möchte. Wie bei den Paralympics mit Mikrofon in der Hand und Kameramann an der Seite wird er sie über ihre Erfolge oder Misserfolge befragen.
Aller Voraussicht nach jedoch nur die deutschen Sportler. „Denn unsere Gebärdensprache ist schon eine andere als in Österreich oder der Schweiz”, berichtet Knut Weltlich - von anderen Ländern ganz zu schweigen.
Gut ist es da, dass er die meiste Zeit einen Gebärdendolmetscher vom Deutschen Gehörlosensportverband zur Seite haben wird. Was ihm die Sache sehr erleichtern dürfte, gleichzeitig aber viele Nuancen eines direkten Gesprächs nimmt. „Denn die Betonung ist doch oft ein entscheidender Faktor unserer Sprache”, findet er nicht nur wichtig, was gesagt wird, sondern wie es gesagt wird.
Etwas mulmig ist ihm, wenn er an die Atmosphäre im Deutschen Haus denkt. In Sofia wird er zusammen mit den Sportlern und deren Betreuern untergebracht sein, was er eigentlich toll findet. „Aber vermutlich wird es im Haus mucksmäuschenstill sein. Keine lauten Rufe, keine Musik, daran werde ich mich wohl erst gewöhnen müssen.”
Ansonsten will Knut Weltlich die »Deaflympics« einfach auf sich zukommen lassen. Die Berichterstattung selbst - gesendet werden die Beiträge über die Bertelsmann-Kanäle handicaptv und n-tv - wird viel Zeit in Anspruch nehmen, so dass für private Erkundungen wenig Zeit bleibt. „Und ein bisschen wird Bulgarien sein wie Peking: Ich kenne weder die Sprache noch die Schrift.” Und trotzdem: „Es ist eine Herausforderung, auf die ich mich sehr freue.”
¦ Wie es Knut Weltlich bei den »Deaflympics« ergeht, welche Schwierigkeiten und welche schönen Dinge ihm wiederfahren, lesen Sie in einer unserer nächsten Ausgaben.
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