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Jetzt wird’s gemütlich

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von kerstin spieker

Versmold-Bockhorst. Solche Zeiten hat es in Bockhorst selten gegeben. Wer im Dorfkern in gemütlicher Atmosphäre gepflegte Gastronomie genießen möchte, bleibt derzeit auf dem Trockenen. Der »Bockhorster Dorfkrug« und die »Alte Schenke« sind beide geschlossen. Das allerdings soll so nicht bleiben. Der »Dorfkrug« wird schon bald wie berichtet eine »Route-68«-Gaststätte sein und Emil Sickendiek, dessen Familie in der »Alten Schenke« beinahe 200 Jahre Gastronomie betreibt, will das Traditionsgasthaus direkt an der schmucken Dorfkirche keinesfalls aufgeben.

"Es ist eine ganz emotionale Sache. Die Familiengeschichte, die wunderschöne Lage, davon will ich mich nicht einfach trennen", so Emil Sickendiek. Als er durch den frühen Tod seines Vaters selber Wirt in Bockhorst wurde, war er gerade mal 21 Jahre alt. Unter seiner Ägide wurde aus der einfachen Schankstätte ein angesehenes Restaurant - klein, aber äußerst fein. Statt Schinkenbroten kamen aus der Küche viele Jahre lang westfälische Spezialitäten mit einem Hauch Sternekochwürze. Dann ging Emil Sickendiek nach Halle und wurde Inhaber des »Rossini« am Golfplatz auf dem Eggeberg. In Bockhorst stieg Emil Sickendiek junior ein. Er übernahm in der »Alten Schenke« als Koch und als Geschäftsführer das Regiment.

"Aber die Zeiten in der Gas-tronomie haben sich geändert. Das Produkt, das mein Sohn in Bockhorst angeboten hat, ist so im Markt nicht mehr umsetzbar", sagt Emil Sickendiek im Rückblick. Die Kosten im an der Sterneküche ausgerichteten Segment seien einfach zu hoch und die Preise fänden in der Kundschaft keine Akzeptanz. Emil Sickendiek junior schloss Ende Mai die Pforten des Traditionsgasthauses in Bockhorst.

Das Haus zu verpachten, kam für Emil Sickendiek senior nicht in Betracht. "Es liegt nur 50 Meter von meiner Wohnung entfernt. Die Vorstellung, dass dort ein anderer direkt in meiner Nachbarschaft die Gastronomie übernommen hätte, war für mich keine Option", so der 58-Jährige. Also krempelte er noch einmal die Ärmel hoch und legte los. Zunächst wurde er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Rossini Gastronomie GmbH. Die zuvor beteiligte Heristo AG aus Bad Rothenfelde zog sich als Gesellschafterin zurück. "Wir betreiben aber weiterhin Kantinen, unter anderem bei bei Heristo und Stockmeyer", berichtet Sickendiek über das, was aus der Zusammenarbeit bleibt.

Für die »Alte Schenke« hat sich der Gastronom jedoch ein neues Konzept überlegt: "Es soll gemütlich werden dort. Die moderne Kunst kommt raus und wir bringen die alten Dekostücke von früher, die ich auf dem Dachboden eingelagert habe, wieder zu Ehren." Die Küche wird sich an einer populären Gastronomie orientieren. Das heißt, es gibt bodenständige Gerichte zwischen westfälisch und bayerisch. "Mein Bruder hat eine bayerische Gaststätte in München und wir pflegen den kulinarischen Austausch", verrät Emil Sickendiek. In der neuen »Alten Schenke«, die übrigens bald »Emils Wirtshaus« heißt, sollen Radler eine Brotzeit einnehmen können oder die Bockhorster abends ein Bierchen oder Weinchen genießen.

"Ich glaube fest daran, dass dieses Konzept funktioniert", so Sickendiek. Auch seine Mitarbeiter täten das, beteuert er. Er habe seine Pläne mit ihnen besprochen. Denn auch sie sind von den Veränderungen in der Rossini Gastronomie GmbH betroffen. Dadurch, dass das »Rossini« und die »Alte Schenke« nun zu einer Firma gehören, kann Sickendiek seine Mitarbeiter künftig flexibler einsetzen und so auf Besucherbewegungen reagieren.

Emil Sickendiek junior nimmt sich erst einmal eine Auszeit aus der Betriebsführung. Der 31-jährige gelernte Koch wird zwei Jahre lang in Dortmund die Schulbank drücken und seinen Betriebswirt fürs Hotel- und Gaststättengewerbe machen. An der Dortmunder Hotelfachschule hat bereits Vater Emil Sickendiek sein Handwerk gelernt. Und so ganz verloren wird Emil Sickendiek junior dem Familienbetrieb nicht gehen. Hier und da wird er auch während der Studienzeit mitarbeiten.


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