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Suche nach einer neuen Heimat

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Die Entscheidung ist Anne und Jürgen Brömmelsiek nicht leicht gefallen. Schließlich ist der schmucke Hof in Casum schon seit mehr als 100 Jahren in Familienbesitz. Das Paar legt seit Jahr und Tag Wert auf eine naturnahe Lebensweise. Erst vor Kurzem ist Jürgen Brömmelsiek auf biologische Rinderhaltung umgestiegen und ist nun ein zertifizierter Bioland-Erzeuger. Im Nebenerwerb verkauft die Familie Kaminholz, beherbergt Pensionspferde und bietet Ferien-gästen die Möglichkeit, das Landleben zu genießen. „Schon meine Mutter hat Urlaub auf dem Bauernhof angeboten”, erzählt er. Das kleine Nabu-Schild an der Deelentür mit der Aufschrift »schwalbenfreundliches Haus« macht deutlich, dass die Brömmelsieks auch für die kleinsten Mitbewohner ein Herz haben. Auf dem Hof leben zudem Kaninchen, Enten, Hühner, Truthähne und ein Hofhund. Seit 40 Jahren hängt die Autobahn wie ein Damoklesschwert über Jürgen Brömmelsiek. Lange sollte sie etliche hundert Meter entfernt sein, dann, 2004, als die K-Trasse geplant wurde, stand fest, dass die Straße direkt an den Hof heranrückt. „Über die Hälfte unserer Flächen gehen für den Autobahnbau und die Ausgleichsmaßnahmen drauf”, sagt Anne Brömmelsiek. Zunächst hofft die Landwirtsfamilie, dass die K-Trasse noch nicht das letzte Wort sein würde. Doch 2008 stellt sie dann den Antrag auf Gesamtübernahme ihres Besitzes an die Autobahnbauer. „Wir können mit der Autobahn nicht leben”, erklärt Brömmelsiek. Die Gutachter von Straßen.NRW stellten fest, dass die Existenz der Familien tatsächlich durch die Autobahn zerstört wird. Sowohl die biologische Tierhaltung als auch die Beherbergung von Feriengästen seien mit einer Autobahn am Haus nicht möglich, räumen die Experten ein. Vor zwei Wochen kam dann der Bescheid, dass die Behörde das Anwesen übernehmen würde. „Wir beiden sind dann nochmal ins Kontor gegangen”, sagt Jürgen Brömmelsiek und blickt hinüber zu seiner Frau. Dann stand ihr Entschluss fest: „Wir werden den Hof verlassen.” Auch, wenn es noch so schwerfällt, ein Anwesen, für das Generationen gelebt und gearbeitet haben, herzugeben: Ein Leben an der Autobahn ist für alle Familienmitglieder undenkbar. Ein Gutachter muss nun den Wert des Ganzen ermitteln. Die Familie ist deshalb jetzt auf der Suche nach einer Hofstelle - möglichst in
Borgholzhausen.
„Ich bin hier im Verkehrsverein und wir - und die Kinder - haben hier unsere Freunde”, sagt er. Das Problem sei, dass auch ein paar Hektar Land dazu gehören müssten, damit auch die vierbeinigen Mitbewohner mit umziehen können. „20 Hektar wären ideal”, sagt Anne Brömmelsiek. Das Paar kann sich auch vorstellen, einen Hof zu übernehmen, auf dem alte Bauersleute leben, die keinen Nachfolger haben. „Man muss sich dann zwar arrangieren, man kann aber auch voneinander profitieren”, sagt Anne Brömmelsiek. Schließlich kennt den Hof und die Ländereien niemand besser als der Eigentümer selbst. Voraussetzung ist aber, dass der Hof nicht an einer viel befahrenen Straße liegt. Die ländliche Idylle, in der die Brömmelsieks so lange glücklich gelebt haben, will sich die Familie auf jeden Fall bewahren - und irgendwann auch wieder Feriengäste beherbergen.

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