VON FLORIAN GONTEK
Halle.
"Mit Kleinigkeiten kann man helfen", sagt Dr. Marta Binder. Die Energie, die die 68-Jährige, geboren in der ehemaligen Tschechoslowakei dabei ausstrahlt, ist enorm. Die Botschafterin der Opportunity International Deutschland durchradelt noch bis zum 16. August 14 deutsche Städte und besucht dabei sowohl Kreditinstitute als auch private Spender. Gestern startete die pensionierte Kinderärztin in ihrer Heimatstadt Warendorf ihre 1300 Kilometer lange Deutschland-Tour. Ihren ersten Scheck sammelte sie dabei in der Lindenstadt, wo die Volksbank der engagierten Frau 500 Euro überreichte.95,31 Kilometer zeigt der Tacho von Dr. Marta Binder, als sie um kurz nach 15 Uhr die Volksbank-Hauptstelle erreicht. Es sind die ersten Kilometer auf einem großen Weg, den die Opportunity-Botschafterin bereits zum zweiten Mal beschreitet. Vorigen Herbst fuhr die begeisterte Radfahrerin von Warendorf nach Bremen und hat bereits damals einige Kreditinstitute angefahren. "Die vorherige Tour hat etwas über 11 000 Euro eingebracht", erzählt Binder, die bis zu ihrer Pension im Juni 2011 als Kinderärztin auf der Onkologie-Station der Uni-Klinik Münster praktiziert hat. Helfen ist für die anpackende Frau mit ausländischem Akzent etwas Selbstverständliches. In diesem Jahr allerdings möchte sie als Botschafterin noch mehr Geld für Opportunity-Projekte in Ghana sammeln.
"Schwerpunktmäßig kommt das Geld Microschools zugute, aus Mikrokrediten gegründeten Privatschulen für die ärmere Schicht", erklärt Binder. Zwei der Schulen, die anders als der Name vermuten lässt, mehreren hundert Kindern Platz zum Lernen bieten, hat die Botschafterin schon selbst besucht. "Die Zustände dort sind für uns unvorstellbar", unterstreicht sie. Besonders die hygienischen Verhältnisse sind es, die die langjährige Kinderärztin beschäftigen. "Wenn ich eine Schule für 450 Schüler und Lehrpersonal besuche und dort weder Toilette noch Gebüsch zur Verfügung stehen, weiß ich nicht, wie sie das machen, das ist eine Katastrophe."
Auch Beleuchtung, Schulküche und Bildungsverhältnisse bereiten, laut Binder, Grund zur Sorge. Die Analphabeten-Rate in Ghana sei alarmierend. Nach UNESCO-Angaben sind es etwa 1,2 Millionen Kinder, die nicht regelmäßig eine Schule besuchen.
Viele, so die pensionierte Ärztin, würden sie nach der 6. Klasse ohne Lese- und Rechtschreibkenntnisse verlassen.
Für den Vorstand der Haller Volksbank, Harald Herkströter und Rainer Peters, ist es selbstverständlich das Projekt zu unterstützen, bereits 2008 förderte das Haller Kreditinstitut ein Kenia-Opportunity-Projekt. "Wir unterstützen das sehr gerne. Ich habe große Hochachtung vor Ihrem Interesse, anderen Menschen zu helfen", so Bankdirektor Rainer Peters beim gestrigen Termin.
Für Dr. Marta Binder ist solche Unterstützung wichtig. Sie hat in Ghana im Rahmen des Projektes »Keep your School green« den »Jan-Binder-Award« ausgerufen.
Der Sohn von Dr. Marta Binder war als Pressesprecher für die Organisation tätig und ist im November 2011 bei einem Badeunfall im Alter von 31 Jahren tödlich verunglückt. Seine Tochter Roja (8) spendet 1 Cent für jeden Kilometer, den ihre Oma zurücklegt. Es sind Kleinigkeiten, die helfen.