Von Nicole Donath
Halle. Jochen Stoppenbrink hat eine neue Lieblingszahl: die Sechs. Mit so vielen Sitzen sind die Grünen nämlich im nächsten Haller Stadtrat vertreten und auf eben dieser Wolke schweben sie gerade. Ein Erfolg, mit dem sie so nicht gerechnet hatten, zumal der sechste Sitz erst spät am Sonntagabend aufgrund einer Verwechslung im Wahlbezirk 15 bekannt wurde: Hier waren der STU zunächst 9,76 Prozent der Stimmen zugedacht worden und der UWG 1,47. Richtig war es umgekehrt! In der Folge verlor die STU einen ihrer zwei Sitze, die Grünen gewannen ihn hinzu.
"Natürlich bereitet uns diese neue Situation viel Arbeit", meinte Stoppenbrink. "Aber alle haben große Lust auf diese neue Rolle und wir werden die kommenden Wochen nutzen, um uns mit den anderen Fraktionen - vor allem den beiden großen - zu unterhalten." Von Koalitionsverhandlungen wollte er indes nicht sprechen, denn man sei "sachorientiert und offen".
Während STU-Sprecher Peter Rieke bis gestern Abend im Urlaub weilte, nahm Thomas Andres Stellung zu dem Verlust des Fraktionsstatus’ seiner Partei: "Wir haben unser Hauptziel erreicht: Wir sind weiterhin im Rat vertreten und kommen so an alle Informationen, um politisch arbeiten und frühzeitig reagieren zu können. Und das, obwohl wir die Südtrasse als unser Hauptthema verloren haben."
Ratlosigkeit hingegen bei der UWG, die bei ihren drei Sitzen geblieben ist: "Zufrieden sind wir nicht", räumte ein sichtlich enttäuschter Sprecher Karl-Heinz Wöstmann ein. "Vier Sitze waren das Ziel und wenngleich wir Stimmen dazugewonnen haben, hat es dazu nicht gereicht. Das ist umso bedauerlicher, als dass wir dieses Mal besonders großen persönlichen Einsatz gezeigt und viele Gespräche geführt haben."
Gar als Einzelkämpfer ohne Fraktionsstatus zieht Klaus-Peter Kunze von den Liberalen in die nächste Legislaturperio-de: "Der zweite Sitz hatte große Bedeutung für uns. Woran es gelegen hat, ist uns noch nicht klar: Wir hatten bei den unterschiedlichsten Themen wie Haushalt, Schulpolitik oder Umlegungsverfahren klar Stellung bezogen - schade." Möglicherweise sei aber auch der negative Bundestrend Schuld.
Wahlleiter Christian Loest schaute gestern weniger auf das Ergebnis als vielmehr auf den Ablauf von Wahl und Auszählung, der bis auf die Korrektur im Bezirk der Grundschule Hörste reibungslos geklappt hatte. "Wir sind zufrieden. Dienstag tagt nun der Wahlausschuss und stellt das Ergebnis fest. Im Nachklang werden die Betreffenden gefragt, ob sie die Wahl annehmen.
Fragen bleiben dennoch. Wieso lag beispielsweise die Wahlbeteiligung im Bezirk 10, den Dr. Ulrike Müller (CDU) knapp vor Karin Otte (SPD) gewann, bei mageren 42,53 Prozent? Was hat 2568 Wählerinnen und Wähler dazu bewogen, gegen eine Wiederwahl von Anne Rodenbrock-Wesselmann zu stimmen? War es in erster Linie das Thema Gesamtschule, das die Fraktionskollegen von der SPD im Gegenzug als Grund für ihr gutes Abschneiden ausgemacht hatten? All das gilt es in den nächsten Wochen zu analysieren - zwischen dem Boden der Tatsachen und Wolke sechs.