Denn Dirk Kurhofer ist nachdenklich und durchaus selbstkritisch, wenn es um seinen eigenen Berufsstand geht: „Als Lehrer muss man Humor und Konsequenz besitzen.” Die Kinder müssten erfahren, »was der sagt, das ist auch so«, betont er und fügt dann an: „Bei der Konsequenz hätte ich noch etwas Luft nach oben gehabt.” Auch in anderer Hinsicht geht er mit sich und den Kollegen ins Gericht. „Alle Kinder kommen hochmotiviert in die Schule”, sagt er. „Aber viele Lehrer, auch ich, kriegen es problemlos hin, diese Anfangsmotivation in kurzer Zeit auf null zu fahren.” Gleichzeitig blieben die Rahmenbedingungen weit hinter den pädagogischen Möglichkeiten zurück, sagt er im Hinblick auf Klassengrößen und Lehrerzahl.
Dirk Kurhofer hat immer über den Tellerrand geblickt - um das zu sehen, genügt ein Blick auf seinen Lebenslauf. Nach dem Studium zum Grund- und Hauptschullehrer mit Schwerpunkt Mathematik begann der gebürtige Brackweder seine berufliche Laufbahn 1972 in
Bielefeld.
Zunächst im Stadtteil Oldentrup, dann war er zehn Jahre an der Hauptschule in Baumheide tätig, einem Ortsteil, der bis heute seinen Ruf als Problemviertel beibehalten hat.
Nach zehn Jahren stand ein Richtungswechsel an. Nun waren es nicht mehr Schüler, sondern vornehmlich Lehrer, die Kurhofer als Fachleiter für Mathematik am Bielefelder Primarstufenseminar unterrichtete. „Das war eine spannende Zeit, denn durch die Unterrichtsbesuche bei den angehenden Lehrern habe ich viele Schulen kennengelernt”, erinnert er sich. Weniger schön war jedoch die Erkenntnis, wie wenig anerkannt der Beruf des Grundschullehrers bis heute ist.
„Um den Kontakt zur Praxis nicht zu verlieren, musste ich parallel zur Fachleitertätigkeit einige Wochenstunden an einer Grundschule unterrichten”, sagt er und erzählt, wie er auf einmal von den Nachbarn ignoriert wurde. „Erst später habe ich erfahren, dass sie dachten, ich habe mir etwas zuschulden kommen lassen, da ich in ihren Augen vom Haupt- zum Grundschullehrer degradiert worden bin.”
Dabei konnte von Degradierung keine Rede sein. Denn der Fachleitertätigkeit folgte die Übernahme eines Hauptseminars, in dem Kurhofer Lehramtsanwärter unterrichtete. 15 Jahre blieb er in der Lehrerausbildung, dann wechselte er als Leiter an die Vogelruthschule, eine Brackweder Grundschule mit rund 360 Kindern. Von dort kam Kurhofer zum Schuljahr 2002/03 an die Grundschule Oesterweg.
Freude daran, anderen Kollegen Wege aufzuzeigen
Doch die Freude daran, anderen Kollegen Wege aufzuzeigen, wie Kinder mit Spaß das Einmaleins lernen, blieb dem Pädagogen Zeit seines Berufslebens. Mit seiner Frau Silvia Szacknys-Kurhofer bietet er bis heute Fortbildungen für Lehrer an. Besonders eine Fortbildung in Brasilien ist ihm in Erinnerung geblieben. In Sao Paulo gab das Paar ein Seminar »Entdeckendes Lernen in Mathematik«. Aus Brasilien, Argentinien und Uruguay reisten dazu Lehrer an, die im deutschen Auslandsschuldienst in Südamerika tätig waren. „Im Anschluss sind wir privat noch nach Rio geflogen. Dort habe ich den schönsten Urlaub meines Lebens verbracht”, schwärmt Kurhofer. Seiner Frau, „die viel mutiger ist als ich”, habe er es zu verdanken, nicht nur die Copacabana, sondern auch weniger schöne Viertel der Sechs-Millionen-Stadt gesehen zu haben. „Da wird man schon nachdenklich”, sagt er.
Ein weiterer Meilenstein in Dirk Kurhofers beruflicher Laufbahn war die Abgabe des Status einer evangelischen Bekenntnisschule in Oesterweg, als es darum ging, ob sie mit der Grundschule Bockhorst zusammengelegt werden sollte. „Das war damals eine Frage der Standortsicherung”, sagt Kurhofer und schmunzelt. Denn während sich die Fusion mit Bockhorst zerschlug, ist durch den geänderten Status heute die Fusion mit Peckeloh zur Gemeinschaftsgrundschule möglich. „Allerdings sind wir dieses Mal die kleinere der beiden Schulen - und die Grundschule Oesterweg wird es nicht mehr geben”, sagt er.
Der Satz von dem weinenden und dem lachenden Auge, mit dem man gehe, sei trotzdem Quatsch, sagt er. „Ich gehe nicht mit Glücksgefühlen, dafür hänge ich viel zu sehr an dem Beruf.” Und mittlerweile auch am Standort Peckeloh. „Besonders die Fußballbegeisterung hier ist ansteckend. Seitdem ich hier bin, gucke ich jeden Montag in der Zeitung, wie die erste Mannschaft gespielt hat.”
Wirklich wichtig für Dirk Kurhofers Liebe zum Lehramt sind jedoch nur die Kinder. „Es macht so viel Spaß, zu sehen, wie aus den verschüchterten Wesen, die am ersten Schultag an Mamas Hand kommen, in nur vier Jahren selbstbewusste junge Menschen werden.”
¦ Über die Nachfolge von Kurhofer entscheidet die Bezirksregierung erst in den kommenden Tagen.