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"Müssen in neue Richtung denken"

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Von Anja Hanneforth

Werther.
In den vergangenen Wochen und Monaten ist es still geworden um das Weco-Gelände. So richtig scheint es nicht vorwärts zu gehen mit den Plänen von Eigentümer Gerhard Wehmeyer, hier in größerem Stil Einzelhandel anzusiedeln. Jetzt bringt Thomas Heidemann, Bürgermeisterkandidat der Grünen, Bewegung in die Sache. Auch wenn er weiß, dass ihm das Gelände nicht gehört, möchte er neue Impulse setzen und alle Beteiligten anregen, in eine neue Richtung zu denken. Wenn es nach ihm geht, entstehen hier weder Flächen für Einzelhandel noch für Gewerbe, sondern ein Wohnprojekt mit mehreren mehrstöckigen Wohnkomplexen, eingebettet in viel Grün, für Alt und Jung, für Wohngemeinschaften, mit Miet- genauso wie mit Eigentumswohnungen.

Wie berichtet haben Stadtrat und Fachausschüsse viele Male beraten, wie eine Folgenutzung des Weco-Geländes aussehen könnte. Nach zähem Ringen erteilte die Politik dem Eigentümer schließlich im vergangenen Sommer das gemeindliche Einvernehmen, auf dem Areal einen Lebensmitteldiscounter, einen Drogeriemarkt und ein Bettenlager zu errichten - unter der Bedingung, dass sich Gerhard Wehmeyer dem Pro-blem der Altlasten stellt. Und das könnte ein riesengroßes und teures Unterfangen werden. Denn der Boden ist mit Schwermetallen, Mineralölen und dem hochgiftigen Arsen belastet; eine Sanierung dürfte also hunderttausende von Euro kosten.

Doch den Kopf in den Sand zu stecken ist keine Option. Denn das Schlimmste wäre, so sieht es nicht nur Thomas Heidemann, wenn das Areal keiner neuen Nutzung zugeführt würde und es die nächsten Jahrzehnte brachliegen bliebe.

Also hat sich der Bürgermeisterkandidat Gedanken gemacht, was auf der Fläche passieren könnte. Die Pläne des Eigentümers, einen Lebensmitteldiscounter und weitere Märkte zu etablieren, hält er für grundfalsch: "Egal, welche Sortimente verkauft werden: Sie werden immer Innenstadt-relevant sein", ist sich Heidemann sicher. So verkaufe Rossmann, der für das Weco-Gelände schon einmal ins Gespräch gebracht wurde, längst nicht mehr nur Drogerieartikel, sondern Getränke, Lebensmittel und andere Waren des alltäglichen Bedarfs.

"Wir brauchen in Werther keine weiteren Märkte, sondern müssen im Gegenteil alles daransetzen, die Geschäfte in der Innenstadt zu schützen", betont Heidemann. Die Gewinnmargen seien klein genug, da dürfe man nicht noch mehr Druck aufbauen. "Werther ist als Wohnort attraktiv, weil die Menschen unser kleinstädtisches Leben mit Geschäften, einer guten Infrastruktur und guten fußläufigen Verbindungen schätzen. Das sollten wir nicht durch Leerstände in der Innenstadt aufs Spiel setzen", warnt Heidemann.

Schon länger treibt ihn die Idee um, das Weco-Gelände als Wohngebiet zu nutzen, hat dies auch in einem langen Gespräch mit Inhaber Gerhard Wehmeyer beleuchtet. "Ich verstehe, dass er die finanzielle Seite im Blick behalten muss", sagt Heidemann. Da wäre mit Einzelhandel sicher am meisten zu verdienen. Dennoch kommt für ihn an dieser Stelle nur Wohnen in Frage. Durch das man gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen könnte:

Das Gelände wäre einer vernünftigen Folgenutzung zugeführt, Werther würde deutlich an Einwohnern zulegen - Heidemann schätzt, dass das Quartier Platz für etwa 300 bis 500 Bewohner böte - und die Altlastenproblematik, die man in diesem Zusammenhang natürlich zwingend angehen müsse, wäre aus der Welt geschafft.

Heidemanns Pläne sehen vor, den Weco-Baukörper, wie er jetzt an der Engerstraße zu sehen ist, so zu belassen. Allein aus historischen und stadtbildprägenden Gründen. Darüber hinaus könne er als Lärmriegel für die hintere Bebauung dienen. In dem Gebäude selbst könnten eine Hausmeisterwohnung eingerichtet werden, Büros, vielleicht ein Café oder eine Schülerhilfe.

Kernstück wären die mehrgeschossigen Wohnkomplexe dahinter, eingefasst durch einen großzügigen Grüngürtel. Heidemann schwebt eine genossenschaftliche Wohnform vor, wie es ähnliche Beispiele in ganz Deutschland gibt. Speziell im Ruhrgebiet, wo eine Reihe von Industriebrachen auf diese Weise umgenutzt wurden. Mit anderen Worten: Wertheraner beteiligen sich an den Investitionskosten, nutzen die Wohnungen schließlich selbst oder vermieten sie. Auch Wohngruppen für Alt und Jung seien denkbar, generationenübergreifendes Wohnen eben.

Eine Exkursion, die die Grünen in Sachen Flächenrecycling im vergangenen Jahr nach Essen unternommen haben, hätte gezeigt, dass diese keine Luftschlösser wären. "Wenn man die Altlasten aus dem Boden bekommt - vielleicht die ausgekofferte Fläche gleich zum Bau einer Tiefgarage nutzt - steht einer weiteren Überplanung nichts mehr im Wege", so Heidemann.

Dass eine Bebauung des Weco-Geländes allerdings etwas an den Plänen für den Blotenberg ändert, wo bekanntlich Werthers nächstes großes Baugebiet entstehen soll, bezweifelt er. "Die Ratsmehrheit in dieser Sache ist eindeutig, außerdem würden Jahre vergehen, bis auf dem Weco-Areal die ersten Bewohner einziehen könnten", so Heidemann.


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