Wenn in ihrer Familie von »Oma« die Rede ist, dann sind höchstens ihre Töchter gemeint. „Ich lasse mich von meinen Enkeln gerne Oma nennen”, sagt Margarete Upmann. Ihre Mutter allerdings sei für alle immer nur »Großmutter« gewesen. „Zu meinen Eltern hätte ich niemals Papa und Mama sagen dürfen, sondern wir haben alle nur stets Vater und Mutter gesagt”, erzählt Hildegard Nolte.
Dennoch habe sie eine sehr schöne Kindheit genossen in dem Haus an der Haller Alleestraße, in dem sie mit vier Schwestern aufwuchs. Auf der anderen Straßenseite lag damals tatsächlich noch das Hartmanns Wäldchen mit prächtigen alten Eichen und Buchen. Wo sich heute Haus an Haus reiht, sei damals ihr liebster Ort zum Spielen gewesen, erinnert sie sich noch genau.
Ihr Vater war Maurermeister Grottendiek und sein Baugeschäft trug mit Bauten wie der Herz-Jesu-Kirche und der Freibadeanstalt nicht wenig zur Veränderung des Haller Stadtbildes bei. Seit 1938 ist Hildegard Nolte jedoch Borgholzhausenerin. Bis heute wohnt sie im ersten Stock des Hauses am Landweg in Barnhausen, und sie genießt die tolle Aussicht über die abwechslungsreiche Landschaft von der großen Terrasse aus.
Die gewundene Treppe ins Erdgeschoss meistert sie täglich ohne Probleme - schließlich will sie auch jenseits der 100 nicht auf den täglichen Spaziergang verzichten. Nach dem Mittagessen und dem kleinen Schläfchen ist es dafür an der Zeit.
„Besonders gern mag ich Salat und Obst. Ich habe immer sehr gesund gelebt”, betont die kleingewachsene Frau mit dem festen Blick mit energischer Stimme. Schwarzbrot und Körnerbrötchen stehen auch heute noch ganz oben auf der Liste ihrer persönlichen Wünsche, wenngleich sie auch das Angebot im Café Schulze zu schätzen weiß.
Der tägliche Spaziergang fällt ein wenig kürzer aus als früher, doch das Haller Kreisblatt hat Hildegard Nolte bis dahin längst gelesen. „Damit ich weiß, was sich in Halle und Borgholzhausen so ereignet hat”, sagt sie. Mit hellwachem Geist registriert sie die Veränderungen ihrer Heimat und freut sich, wenn sie mit Nachbarn, Freunden oder Familienangehörigen sprechen kann.
Heute gibt es dazu sicher wieder reichlich Gelegenheit, denn das Familientreffen zu Großmutters Geburtstag ist Ehrensache für den weitverzweigten Familienclan. Den 99. feierte Hildegard Nolte - natürlich inklusive Turmbesteigung - auf der Ravensburg und an der Wand ihres kleinen Wohnzimmers hängt ein großes Gruppenbild von dem Tag, als ihr 100. Geburtstag gefeiert wurde.
Heute wird nur im engsten Familienkreis gefeiert - aber das sind dann auch schon mehr als 30 Personen. Das Haller Kreisblatt wünscht seiner ältesten Leserin noch etliche schöne Geburtstage.
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