Grundschüler tummeln sich in der Universität? Nein, das ist kein Witz, sondern ein seit vielen Jahren bewährtes Konzept. Eines, bei dem allerdings auch einmal Witze im Fokus stehen können.
Der Ablauf der Kinder-Uni - er wird für die jungen Besucher schnell zu einem vertrauten Ritual: erst in die
Halle gehen, am Infostand des Teams des Schüler(innen)
büros die »Studienaufgaben«, wie die freiwilligen Hausaufgaben heißen, abgeben. Dann kann es weitergehen in Richtung Hörsaal 4. Wer etwas Zeit mitgebracht hat, der wirft einen Blick in die Binokulare, die Mitarbeiter des Naturkunde-Museums (»namu«) am kleinen Stand gegenüber der Caféteria aufgebaut haben.
Hier stehen Thomas Pupkulies und Clara Michaelis an diesem zweiten Freitag der Kinder-uni Rede und Antwort. „Wir wollen die Faszination des Kleinen zeigen”, erzählen sie. „Künstliche Gegenstände sind ja langweilig.” Auch Paul und Jonas wollen den Blick ins Kleine noch schnell erhaschen, bevor die eigentliche Vorlesung beginnt.
Je näher der Zeiger der Uhr auf die volle Stunde vorrückt, desto voller wird es indes vor Hörsaal 4. Vor den beiden Eingangstüren bilden sich große Kindertrauben. Ungeduldig warten sie auf den Moment, in dem ihnen Einlass gewährt wird.
»Ich lach mich kaputt« kann ein Thema der Kinder-Uni heißen. Warum Witze witzig sind und was sie witzig macht, will Dr. Beate Lingnau ihren jungen Studenten an diesem Nachmittag erläutern. Echte Wissenschaft, auf einen einfachen Nenner gebracht. Vorne in Reihe eins verfolgen Juliane (10), Enno (10) und seine Schwester Jonna (9) das Geschehen. Sonst besuchen sie die Gräfin-Maria-Bertha-Grundschule in Borgholzhausen.
Hier in der Uni hören sie genau zu, was Dr. Beate Lingnau über die Wissenschaftler-Kollegen Stefan Hauser und Norbert Heuß sowie deren Forschungsergebnisse berichtet. Und wendet sich an ihre Zuhörer: „Was meint ihr, wie kriegen Wissenschaftler raus, worüber Kinder lachen?” Da haben die 400 viele verschiedene Ideen.
Klar, dass in dieser Vorlesung viele Witze erzählt werden. Wer von einer der acht Helferinnen das Mikrofon in die Hand bekommt, kann loslegen. „Was wird ein gelber Chinese, wenn er ins Wasser fällt?”, stellt eines der Kinder eine Scherzfrage. Nachdenken. Schweigen. Dann die Auflösung: „Nass”, prustet der Fragesteller los. „Wie heißt es? Der, die oder das gerade Kurve?” Der Klassiker darf nicht fehlen.
Die Eltern können das Geschehen in einem benachbarten Hörsaal verfolgen. Kameras übertragen die Vorlesung auf die große Leinwand dort. 2004 wurde die Kinder-Uni Bielefeld ins Leben gerufen. Anfangs ein Angebot für Kinder unterschiedlicher Altersklassen, richtete sich das Angebot jetzt, im elften Jahr, an Grundschüler der dritten und vierten Klassen. Zwei identische Vorlesungen gibt es an jedem der vier Termine. Jeweils 400 Mädchen und Jungen hören dann gebannt im Hörsaal zu.
Ein kostenloses Angebot der Uni Bielefeld.
Eines, für das man keine hervorragenden Noten haben muss, sondern Wissensdurst. Und: ein bisschen Glück. Denn da sich jedes Jahr mehr Kinder bewerben, als tatsächlich mitmachen können, entscheidet oftmals das Los. Ob aus dem Kreis Gütersloh, aus Bielefeld oder aus dem Raum Minden - das Interesse ist immens.
Viele Kinder haben sich Schreibzeug mitgebracht. Simon aus Bielefeld etwa einen kleinen Notizblock und einen Stift. Doch viel notiert er sich diesmal nicht. Nichts über die »Kognitive Schema-Theorie« von Bartelt. Nichts über die »Inkongruenz-Theorie«, die Dr. Beate Lingnau vorstellt. Auch, dass Kleinkinder vor allem darüber lachen, wenn Namen und Dinge vertauscht werden; dass Kindergartenkinder Spiele mit Wörtern zum Lachen finden; dass Schulkinder Sprachspiele und Scherzfragen lieben, findet auf seinen leeren Seiten keinen Niederschlag.
Eine Vorlesung über Witze - „das war witzig, richtig cool”, findet Juliane, die nicht zum ersten Mal Studentin bei der Kinder-Uni ist. „Einmal gab’s sogar etwas über Raketen - das war richtig toll”, schwärmt sie. „Wir haben in der Schule Infos über die Kinder-Uni bekommen”, verrät Enno, wie er auf das Angebot aufmerksam geworden war. „Die Themen haben mich interessiert”, erklärt er.
„Hier wird sich eine ganze Stunde lang um nur ein Thema gekümmert”, gefällt dem Zehnjährigen. „Ich”, erklärt Jonna, „finde das richtig spannend.”. Über Kinderarmut haben die drei Piumer bereits eine Vorlesung gehört. Die Mathematik und die Frage »Was versteckt sich hinter Origami« und die wichtige Frage, »Warum wackelt der Wackelpudding« stehen noch an. Soziologie. Linguistik, Mathematik, Chemie - die Spannbreite der Themen ist vielfältig. Und ebenso groß wie der Wissensdurst der jungen Studenten.