„Erst wenn alle intensivmedizinischen Maßnahmen eine Rettung nicht mehr möglich machen und der Hirntod festgestellt wurde, wird die Frage nach einer Organspende relevant. Doch dies betrifft lediglich vier Prozent der in Krankenhäusern verstorbenen Patientinnen und Patienten.” Dr. Andreas Meyer zu Vilsendorf, Chirurg an der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover, referierte aus medizinischer Sicht über die notwendigen Voraussetzungen für eine Organtransplantation.
Der aus Werther stammende Spezialist weiß aus eigener Erfahrung heraus, wie schwer es für Angehörige ist, eine Entscheidung für die Organentnahme zu treffen. „Es ist der ungünstigste Zeitpunkt für die schwierigste Frage an die unglücklichste Familie”, erklärte der Arzt, der damals seinen 23-jährigen Neffen verlor.
Doch die Organe des verstorbenen Verwandten ermöglichten auf der anderen Seite eben auch hoffenden Menschen das Weiterleben. Aber in Deutschland herrscht derzeit ein drastischer Mangel - bei steigendem Bedarf wohlgemerkt. Derzeit warten 12 000 Patienten auf ein Spenderorgan. Aktuell ist ein Rückgang bei den Organspenden um 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen, wobei der Stand von 2012 lediglich an das Niveau aus dem Jahr 2002 heranreichte.
„Ich bin meinem Spender jeden Tag dankbar, unbekannterweise”, berichtete Eckhard Lohmann, der seit dem 6. September 2010 mit einem fremden Herzen lebt. Er drückte bei der Podiumsdiskussion seine innersten Gefühle aus. Der Präsident des TuS Langenheide musste als 43-Jähriger erfahren, was es heißt, plötzlich lebensbedrohlich erkrankt zu sein. Er schilderte mit großer Emotionalität seine Odyssee zwischen Leben und Tod, die in den Sommerferien 2007 begann und die auch die mehr als dramatische Zeit einschloss, bis ein geeigneter Spender gefunden wurde und die Transplantation im Herzzentrum Bad Oeynhausen durchgeführt werden konnte.
„Betroffenheit kann man nicht akademisch abhandeln”
„Wir haben hier eine intensive Betroffenheit erlebt, die unter die Haut geht und die man sicher nicht akademisch abhandeln kann”, fasste Pastor Ulrich Becker aus Halle zusammen. Der Moderator beleuchtete die theologische Sicht des Themas mit seinem Kollegen Rolf Gräfe. Gräfe gehört dem Direktorium des Evangelischen Krankenhauses in Bielefeld an, ist Mitglied der Ethikkommission und war bis Ende 2010 Leiter des Pastoralen Dienstes im Johanneswerk.
„Die Entscheidung pro oder kontra eine Organspende ist und bleibt eine persönliche Entscheidung - und sie ist veränderbar. Jede der beiden möglichen Optionen, ob für oder wider, ist christlich verantwortbar und ethisch zu respektieren”, resümierte Becker und lud alle Teilnehmer zu aktiven Meinungsäußerungen im Anschluss an die vielschichtige Diskussion ein.
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