Quantcast
Channel: Haller Kreisblatt
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3262

Ägypterinnen geben nicht auf

$
0
0
Seit dem Sturz von Husni Mubarak geht es zumindest den Frauen in Ägypten nicht besser. Der erste gewählte Präsident Mohammed Mursi, der sich nur ein Jahr im Amt befand, wurde nach massiven Protesten aus der Bevölkerung vom Militär abgesetzt. „Er hat vor allem die Rechte der Frauen noch weiter eingeschränkt”, erzählte Renate Schroeder. Beispielsweise sei der Absatz zur Gleichstellung der Frau aus der Verfassung gestrichen worden. „Und er hat das Heiratsalter von 18 auf zwölf Jahre herabgesetzt.” Während ihres Besuches in Ägypten bei verschiedenen Frauenrechtsorganisationen erfuhr die Reisegruppe aus dem Kirchenkreis, dass jeden Tag massive sexuelle Übergriffe auf Frauen stattfinden. „Wenn sie sich in der Öffentlichkeit zeigen, sind sie auch für jeden zu haben”, erklärte Schroeder. Nahezu jede Frau habe sexuelle Gewalt bereits erlebt. Fassungslos habe sie gemacht, dass rund 90 Prozent der Frauen beschnitten seien. In der Regel geschieht dies im Kindesalter, meist ohne jede Narkose und unter unhygienischen Bedingungen. Diese Genitalverstümmlungen finden bei Muslimen und Christen gleichermaßen statt. Während ihres Aufenthaltes in Ägypten besuchte die Gruppe unter anderem ein Mädchenheim, in dem Eltern ihre weiblichen Säuglinge abgeben. „Es gibt zwei Millionen von ihren Eltern verstoßene Straßenkinder allein in Kairo”, so Schroeder weiter. Ebenso gibt es viele Straßensenioren. Alte Menschen, die an Alzheimer und Demenz leiden, werden ebenso verjagt. Für sie wurden Straßen-Seniorenheime eingerichtet. Es gibt viele Professorinnen und Ingenieurinnen Die Gruppe aus Deutschland hat sich zudem mit verschiedenen Frauenprojekten vertraut gemacht, die von nicht Regierungs-Organisationen ins Leben gerufen wurden. Sie bilden beispielsweise Frauen aus, um ihnen eine berufliche Zukunft zu ermöglichen. „Es gibt eine Menge Professorinnen und Ingenieurinnen in Ägypten”, erzählte Renate Schroeder, „mehr als hier.” Das zeuge von der Willenskraft und dem Ehrgeiz der ägyptischen Frauen. Beeindruckend habe sie gefunden, dass die Frauen in Ägypten trotz aller Repressalien weiterkämpfen. „Sie geben nicht auf und hoffen auf Freiheit und Frieden für ihre Kinder”, sagte sie. Nicht umsonst heißt das Motto des Weltgebetstages am ersten Freitag im März »Wasserströme in der Wüste«. Alle Menschen in Ägypten sollen erleben, dass sich Frieden und Gerechtigkeit in Ägypten Bahnen brechen - wie Wasserströme in der Wüste. Bei dem Treffen zur Vorbereitung auf den Weltgebetstag sahen die Frauen im Gemeindehaus nach dem Reisebericht von Renate Schroeder den Film »Kairo 678« des ägyptischen Regisseurs Mohamed Diab. Er erzählt von drei ägyptischen Frauen aus unterschiedlichen sozialen Schichten, die sich nicht länger mit männlichen Übergriffen abfinden wollen. Alle drei wehren sich auf ihre Weise: Fayza, indem sie den Männern im Bus mit einem Messer ins Genital sticht, Seba, indem sie Selbstverteidigungskurse für Frauen gibt, und Nelly, die die erste Klage wegen sexueller Belästigung in Ägypten anstrebt. Die Frauen sahen sich schließlich auch die druckfrische Weltgebetstagsordnung an, die von ägyptischen Frauen erarbeitet wurde. Einige malten das Titelbild von der ägyptischen Künstlerin Souad Abdelrasoul nach, das die Wasserströme in der Wüste aus der Vogelperspektive zeigt. Der Strom mündet in seinem Delta in einer bunten Blume. „Ägypten, das war für mich schon immer eine große Lotusblume, die sich von Süden bis Norden erstreckt, von allen Seiten in gelbes Gold eingefasst”, sagt die Künstlerin über ihr Werk.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 3262