Es ist mehr als ungewöhnlich, wenn während der Haushaltsreden über Personalien wie Bürgermeisterämter gesprochen wird. Noch ungewöhnlicher allerdings, dass ausgerechnet die Liberalen, die bislang eher für ihre Nähe zu den Christdemokraten bekannt sind, einen SPD-Kandidaten unterstützen. Marion Weike kann also nicht alles falsch gemacht haben, wenn ihr auf diese Weise und durch dieses Lager Anerkennung entgegengebracht wird.
Allerdings schlug ihr nicht nur Lob entgegen. Sie musste auch erhebliche Kritik einstecken. Vor allem seitens CDU und Grünen, die die Millioneninvestition am Blotenberg, wo bekanntlich Werthers nächstes großes Wohnbaugebiet entstehen soll, für höchst bedenklich erachten.
Allen voran die CDU, die auf das zu erwartende Haushaltsdefizit von 1,6 Millionen Euro zu sprechen kam. „Schon aus diesem Grund sind die millionenschweren Risiken beim Ankauf der Fläche Blotenberg nicht tragbar”, so Ulrich Buchalla. Seine Fraktion sei keineswegs gegen neue, maßvoll ausgewiesene Bauflächen. Nur eben nicht an der denkbar schlechtesten Stelle in
Werther.
Die Vermarktungsrisiken seien enorm, „dieses Baugebiet wird von uns nicht schlechtgeredet, es ist schlecht”, kommentierte er. Und rechnete vor: Wenn man von Gesamtkosten in Höhe von fünf Millionen Euro ausginge, müsste der Quadratmeterpreis bei etwa 200 Euro liegen. „Wer das an dieser Stelle zahlen soll, ist uns ein Rätsel.” Er hofft, dass jedem klar ist, welches Fiasko hier möglicherweise drohe. Allein die fehlende Vermarktung von zehn Grundstücken risse ein Loch von einer Million Euro in die städtische Kasse. Buchalla fand klare Worte: „Sollten die Mehrheitsverhältnisse nach der Kommunalwahl andere sein, wird es ein Baugebiet Blotenberg nicht geben!”
Nach seiner Aussage kommt als Alternative nur das Süthfeld in Frage, 20 bis maximal 30 Bauplätze. Mehr sei im Hinblick auf die demografische Entwicklung auch nicht nötig. Ohnehin sollte die Stadt besser Flächen gebrauchen als zu verbrauchen, nannte er das Stichwort »Jung kauft Alt«.
„Sich Tricks zu bedienen, ist mehr als schlechter Stil”
Mit diesen Worten traf er genau den Ton der Grünen. Auch sie lehnten den Haushalt aufgrund des Blotenbergs ab. Heinz-Peter Kuhlmann war in seiner Kritik an Marion Weike allerdings deutlicher: „Der Haushalt spiegelt die Politik wider, die Sie in Werther seit 13 Jahren durchsetzen”, richtete er sich direkt an die Bürgermeisterin. „Eine Politik des Durchwurstelns, Setzens auf überholte Konzepte, keiner Visionen für die Zukunft. Im Gegenteil wird jede Idee, die nicht aus Ihrem eigenen Stall kommt, abgebügelt.” Statt den Blotenberg oder die Rodderheide zu überplanen, sollten lieber Altindustrieflächen für neue Wohn- und Gewerbegebiete genutzt, außerdem alte Bauten saniert und energetisch ertüchtigt werden.
Das sieht die SPD ganz anders. Wie Fraktionschef Rainer Schütz ausführte, wäre das Baugebiet Blotenberg für Werther sehr wichtig, zumal der Stadt über 90 Anfragen von Bauinteressierten vorlägen. Das Süthfeld, wie von der CDU favorisiert, wäre genauso eine „realitätsfremde Vision” wie das von den Grünen anvisierte Weco-Gelände, das schon da-rum nicht in Frage käme, da sich der Eigentümer einen anderen Verwendungszweck vorstellt. Und nur durch Neubürger, so Schütz, könnte Werther weder den Anteil an der Einkommenssteuer noch den Bestand an Schulen und Kindergärten halten.
Hier knüpfte Uwe Gehring von der UWG an. Arbeitsplätze, Kaufkraft, eine lebendige Innenstadt und eine gute Infrastruktur ließen sich nur bei entsprechender Einwohnerzahl erhalten. Daher spräche sich seine Fraktion klar für das Baugebiet Blotenberg aus.
Genau wie die FDP. Jan-Holm Sussieck: „Ohne den Blotenberg und die Rodderheide reicht der status quo nicht aus, um sagen zu können: Dieser Stadtrat ist seiner Verantwortung gerecht geworden.” Wer selbst moderates Wachstum verabscheue, müsse Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen vertreten - nur das wäre glaubwürdig. Er forderte die Blotenberg-Gegner auf anzuerkennen, dass es in dieser Sachfrage eine Mehrheit gibt. Das wäre Demokratie. „Nur weil man in der Sache nicht weiterkommt, die Legitimität des Planverfahrens in Zweifel zu ziehen und sich irgendwelcher Tricks zu bedienen, halte ich für mehr als schlechten Stil”, ärgerte er sich.
Und kommentierte auch die Ausstellung der Bürgerinitiative auf dem Christkindl-Markt, die er in Anbetracht der klaren Eigentumsverhältnisse des Hofes Overbeck als „unverfroren” bezeichnete. „Es würde CDU und Grünen gut zu Gesicht stehen, sich von diesem Gebaren der Bürgerinitiative zu distanzieren.”
Am Ende wurde der Etatplan 2014 mit deutlicher Mehrheit abgesegnet. Einig waren sich die Politiker darin, dass Werther weiterhin sparsam bleiben muss, allein aus dem Grund, um nicht in die Haushaltssicherung zu rutschen. Und so wurde der Millionen-Investition für den Blotenberg zwar zugestimmt, weiteren 10 000 Euro für die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes und 5000 Euro für die Kulturförderung ebenso, die Forderung der CDU nach weiteren 50 000 Euro zugunsten der Straßenunterhaltung jedoch abgelehnt.