21 war Dähne damals, er studierte Sportwissenschaften und spielte für die HSG 02 Bielefeld in der Regionalliga. Nach einem Schien- und Wadenbeinbruch und anschließendem Krankenhausaufenthalt verspürte er schlagartig Durst wie nie zuvor. „Ich habe sechs, sieben Liter Wasser getrunken, aber das hat nichts gebracht”, erzählt er, „außerdem hatte ich ständig Heißhunger, ein komisches Körpergefühl und war unkonzentriert.” Ein Besuch in der Praxis des Diabetologen Klaus Ahlemeyer in Steinhagen brachte Klarheit. Nach einer Untersuchung eröffnete ihm der Internist: „Du bist jetzt Diabetiker. Aber davon geht die Welt nicht unter.”
„Die Diagnose war erst mal ein Schock für mich”
„Das war erst mal ein Schock für mich”, erinnert sich Dähne. Auch die folgenden Wochen waren nicht einfach. „Mein Bein war kaputt, und ich hatte plötzlich Zucker - da habe ich mich gefragt, ob es für mich überhaupt weitergeht mit Handball.”
Doch wer Dähne kennt, kann sich vorstellen, dass die Phase der Depression nicht allzu lange anhielt. Er ist ja nicht nur der lebenslustige Johnny. Sondern auch der Sportler, der gelernt hat, schwierige Herausforderungen mit Kampfgeist und Disziplin anzunehmen. Er begann, Informationen einzuholen über die Autoimmunkrankheit, die zu einem Teil von ihm selbst geworden war. „Ich muss es aktiv angehen”, lautet sein persönliches Rezept für den Umgang mit seinem Los fürs Leben.
Dähne lernte, seinen Blutzuckerspiegel zu messen, Lebensmittel in sogenannte Broteinheiten umzurechnen und sich Insulin zu spritzen. Die erforderlichen Utensilien bewahrt Dähne in einem Mäppchen auf, das er wie Portmonee und Hausschlüssel immer bei sich trägt.
Fünf bis sechs Mal täglich holt er es hervor: Nach einem Pieks in einen Finger legt er einen Tropfen Blut auf einem Papierstreifen ab, den er dann in ein Messgerät steckt. An dem Wert, der ihm angezeigt wird, kann Dähne ablesen, ob und wie viel Insulin er spritzen muss. „Man ist ein Makler”, erklärt er, „weil man austarieren muss, damit man nicht über- oder unterzuckert.”
Für den gesamten Vorgang benötigt Dähne inzwischen nur noch wenige Augenblicke. Das Messen, Rechnen und Spritzen ist ihm im Wortsinn in Fleisch und Blut übergegangen. Es ist für ihn, der mittlerweile als Journalist unter anderem für das Haller Kreisblatt arbeitet, zu einem Teil seines Alltags geworden.
Doch wie lassen sich Diabetes und Sport vereinbaren? Das hängt davon ab, um welchen Diabetes-Typ es sich handelt, sagt Klaus Ahlemeyer. „Typ-1-Diabetiker wie Johnny Dähne sind gesund, ihnen fehlt nur Insulin”, erläutert der Mediziner: „Sport, auch Leistungssport, ist für sie kein Problem.” Das beweisen unzählige Amateursportler, aber auch Profis wie beispielsweise der Fußballer Dimo Wache, der früher das Tor des Bundesligisten FSV Mainz 05 hütete. Oder Hockey-Olympiasieger Carsten Fischer.
Diabetiker sollten Sport treiben
Ahlemeyer (54): „Ich kann jedem Typ-1-Diabetiker nur empfehlen, so lange wie möglich Sport zu treiben, weil sich so andere Risikofaktoren wie beispielsweise hoher Blutdruck minimieren lassen.” Auch für Typ-2-Diabetiker sei Sport sinnvoll, „wegen der häufig bestehenden Begleiterkrankungen wie Hochdruck, aber immer nach Absprache mit dem Hausarzt”, betont Ahlemeyer.
Die Gewissheit, trotz Diabetes Handball spielen zu können, bedeutete für Dähne vor zehn Jahren eine große Erleichterung. Als wenig später, vor der Saison 2004/05, der damalige Zweitligist TuS Spenge anfragte, war das für ihn eine große Bestätigung. „Die Bundesliga war immer mein Traum”, sagt er. Gut 100 Zweitligaspiele bestritten zu haben, macht Dähne stolz und dankbar. Doch er denkt nicht nur an sich: „Es wäre schön, wenn andere, die auch betroffen sind, daraus Mut schöpfen und sehen, dass man trotzdem ein normales Leben führen kann.”
Seit 2011 steht er im Tor von Verbandsligist TSG Harsewinkel. Um sich voll auf seinen Sport konzentrieren zu können, gibt es für Dähne vor, während und nach dem Spiel oder dem Training einen immer gleichen Ablauf: Drei Stunden vor der Erwärmung wird gegessen und gespritzt, während der Belastung hilft eine Traubensaftschorle, einer Unterzuckerung vorzubeugen. Die hat nämlich nicht nur Heißhunger, sondern auch Nervosität zur Folge. „Du kannst nicht mehr klar denken”, beschreibt Dähne diese für seinen Job im Tor nicht gerade förderliche Auswirkung.
Neben dem Traubensaft ist mindestens eine Banane immer dabei. Auch sie soll helfen, den Blutzuckerspiegel nicht zu sehr sinken zu lassen. Nebenbei hat sie Johnny Dähne seinen Spitznamen eingebracht: Banana-Joe. Noch so etwas, das für den Rest des Lebens bleibt.
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