Einmal im Jahr beleuchten wir im Gespräch mit den heimischen Experten den Immobilienmarkt und der ist an sich leer gefegt. Zu diesem Fazit kamen die Leiter der Immobilienabteilungen von Kreissparkasse Halle und Volksbank Halle, Petra Görig und Wolfgang Tiekötter.
„Das Baugebiet »Weidenkamp« bringt Entspannung auf dem Markt. Aber überwiegend nur für junge Familien”, bringt Wolfgang Tiekötter die Situation auf den Punkt. Für die Senioren dieser Stadt sei das Gebiet zu weit vom Stadtkern entfernt, um irgendwann einmal, wenn diese Menschen auf Gehhilfen angewiesen sind, noch fußläufig in die Stadt zu kommen.
Kollegin Petra Görig schätzt, dass in der Haller Innenstadt mindestens 30 Grundstücke vorhanden sind, die sich für eine Baulücken-Bebauung eignen. „Aber ohne Anreiz oder planerischen Rahmen stellen die Besitzer die Flächen nicht zur Verfügung”, formulieren die beiden Immobilienexperten die Situation.
Wolfgang Tiekötter stellte fest, dass die älteren Menschen heute ihren Lebenabend sehr viel intensiver planten. Wenn die Kinder aus dem Haus seien, verkauften sie meist das dann zu große Haus und setzten sich kleiner. Die meisten wollten möglichst lange mit der Unterstützung der mobilen Pflege in ihren eigenen vier Wänden verbringen und gingen erst in der absolut letzten Lebensphase in ein Altersheim. Dieses »kleiner setzen« sei aber in Halle wegen des fehlenden stadtkernnahen Wohnraumes sehr schwierig.
Ein ähnlicher Raumbedarf bestehe auch in Scheidungsfamilien, wo nach dem Auszug eines Partners das Einfamilienhaus zu groß geworden sei und ein kleineres Objekt gesucht, aber nicht gefunden werde.
Auch Einfamilienhäuser verkaufen sich inzwischen wieder gut, wenn sie maximal etwa 40 Jahre alt seien. Ältere Häuser müssten dagegen kernsaniert werden, um ansatzweise heutige Baustandards zu erreichen, dafür sei der Markt auch derzeit schwierig.
Petra Görig: „Bei Häusern aus dieser Zeit ist oft der Sanierungsaufwand höher als bei einem Neubau, das macht den Absatz nicht einfach bis unmöglich.”
Problematisch sei auch das Bauen mit hohen Dämmstandards. Tiekötter: „Da kommen wir für ein normales Haus in den Bereich von über 400 000 Euro, natürlich ohne Grundstück, eine Größenordnung, die sich viele Bauherren nicht leisten können oder wollen.”
Petra Görig und Wolfgang Tiekötter sind sich einig, dass in Halle auch mittelfristig ein hoher Bedarf an attraktivem und bezahlbarem Bauland besteht. Mit dem Gewerbegebiet »Ravenna-Park« entstünden in Halle auch neue Arbeitsplätze und das Bedürfnis von Menschen, hier zu siedeln.
Wir vermarkten gern
Vor diesem Hintergrund stellen sich die beiden Immobilienexperten die Frage, ob es städtischerseits klug ist, die Vermarktung der eigenen Bauflächen durch Kräfte der Bauverwaltung abzuwickeln. Tiekötter: „Das könnte unsere Bank und die Sparkasse genauso gut leisten. Wir würden uns freuen, wenn die dadurch geschaffenen Bauamtskapazitäten dazu führten, dass planerisch mehr Bauland zur Verfügung gestellt werden könnte”.
Leergefegt ist auch der Markt für kleinere Gewerbeimmobilien mit einer Größenordnung für bis zu 50 Mitarbeitern.
Tiekötter: „Da muss die Stadt aufpassen, dass ihnen die Kleinbetriebe nicht abwandern. Mit dem Ravenna-Park schaffen wir Platz für das Großgewerbe, für kleinere Unternehmen haben wir allerdings kaum etwas zu bieten.” (Herbert Gontek)
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