Von Detlef Hans Serowy
Borgholzhausen.
Als Orgelbauer Hans-Henrich Reinking 1653 mit seiner Arbeit fertig ist, sieht die Orgel in Borgholzhausen ganz anders aus als heute. "Das Instrument war viel kleiner, hatte nur ein Manual und stand womöglich noch nicht auf der Empore", sagt Martin Rieker am Freitagmittag in der evangelischen Kirche. Viel Respekt vor historischen Instrumenten habe es früher nicht gegeben, so der Kirchenmusikdirektor. "Etwa alle 50 Jahre wurde etwas daran verändert." Orgeln mussten immer größer und leistungsfähiger werden.Dass seit dem 6. Mai wieder an der Orgel gearbeitet wird, hat andere Gründe. "Hier wird eine große Ausreinigung durch- geführt", erläutert Martin Rieker vor dem zum großen Teil zerlegten Reinking-Instrument. Pfeifen stapeln sich auf der Empore, die Holzverkleidung ist geöffnet und gibt den Blick auf das Innenleben frei.
Über 38 000 Euro kostet die Arbeit von Orgelbaumeister Reinalt Klein aus Lübeck. Er befreit derzeit das Instrument von Schimmelspuren, Dreck und Staub. "Gehäuse, Spielanlage, Registerbetätigung, Spielmechanik, Windladen und Pfeifen werden bearbeitet, ausgereinigt und sorgfältig renoviert", beschreibt Kantor Rieker aus Halle den Umfang der Arbeiten. Dabei werde jede Pfeife auf ihre Tonschönheit, Klangfarbe und Lautstärke geprüft.
Bei einer 362 Jahre alten Orgelpfeifen reicht diese Prüfung oft nicht aus. "Die sind vom Zinnfraß bedroht", erläutert der Orgelsachverständige. Dabei reagiert die Zinn-Bleilegierung mit dem Sauerstoff in der Luft und zerfällt anschließend zu Mehl. Zahlreiche alte Pfeifen haben deshalb bereits früher neue Spitzen erhalten. "Wir wollen möglichst viel von der historischen Substanz erhalten", betont Rieker.
Aus dem Jahr 1653 stammen noch fünf Register zu je 56 Pfeifen und größere Teile des Gehäuses. "Man kann am Holzgehäuse erkennen, dass früher nicht zimperlich mit den Orgeln umgegangen wurde", sagt Martin Rieker und deutet auf zwei verzierte Rundbogen. Die wurden offenbar bei Erweiterungsarbeiten seitlich einfach abgeschnitten.
Auch in Wallenbrück ist noch eine Orgel von Hans-Henrich Reinking aus Bielefeld erhalten. "Dort hatten wir ein Symposium von Orgelexperten und es werden jetzt 200 000 Euro ausgegeben, um die Reinking-Orgel wieder im Originalzustand herzustellen." In Borgholzhausen muss sich die Gemeinde damit begnügen, dass noch rund 40 Prozent der Orgel aus dem Baujahr stammen.
Ein altes Instrument steckt voller Überraschungen und deshalb stellten sich bei der Sanierung "unerwünschte Durch- lässigkeiten" in der Orgel heraus. "Die können dazu führen, dass der Luftstrom falsche Wege geht und falsche Töne erklingen", erläutert Martin Rieker. Orgelbauer Klein fertigt neue Teile an, um das Problem zu lösen. Die Fertigstellung verzögert sich deshalb bis August.
Noch mehr Informationen zur Sanierung und zur Geschichte der Orgel bekommen Interessierte am Sonntag, 21. Juni, ab 17 Uhr bei einer kostenlosen Orgelführung von Martin Rieker in der Kirche von