Auch Büsing (38) selbst passt auf den ersten Blick perfekt in die Piraten-Schablone: Typ Start-Up-Unternehmer in Silicon Valley, T-Shirt statt Krawatte, Duzen statt Siezen, zu Hause in der neuen Technik-Welt voller Bits und Bytes. Büsing ist das krasse Gegenteil eines politischen Selbstdarstellers, wirkt etwas steif und sympathisch unbeholfen. Ein Polit-Neuling eben - und das sind sie doch alle, die Piraten, oder etwa nicht? Büsing überlegt. „Das ist etwas übertrieben”, sagt er.
„Ich bin kein emotionaler Mensch, eher ruhig.” Das schätzen seine Arbeitskollegen, loben das „westfälische Wesen” des „bodenständigen” Typs. Geboren wurde Büsing 1975 in Bielefeld „in ein sozialdemokratisch angehauchtes Elternhaus”. Büsing wuchs zunächst in Helpup (Oerlinghausen) auf, ab 1980 schließlich in Bechterdissen (Leopoldshöhe). Nach dem Abitur am Gymnasium Oerlinghausen ging es 1996 zum Physikstudium („Das Fach hatte ich schon in der Schule als Leistungskurs”) an der Universität Bielefeld zurück in die alte Heimat.
Sieben Jahre lang versuchte Büsing, sein Studium zu beenden, ehe er die Brocken hinschmiss. „Ich habe während der Semester schon viel als Web- Entwickler gearbeitet.”
Aus dem Nebenjob wurde der Hauptberuf. Zunächst schlug er sich als Selbstständiger durch, seit 2012 ist Büsing angestellter Programmierer. Sein Spezialgebiet: TYPO 3, ein sogenanntes Content-Management-System. Dafür brauche man Fachwissen, Geduld und Sorgfalt. Lieber gründlich überlegen, statt einen Schnellschuss zu riskieren, so lautet dann auch Büsings politisches Motto. „Sachliche Problemlösungskompetenz” nennt er seine größte Stärke. Bei Software-Fehlern gehe es beispielsweise darum, einen kühlen Kopf zu bewahren und während der Ursachenforschung systematisch vorzugehen. „Dieses Prinzip kann man natürlich auch bei der Parteiarbeit anwenden.”
Anders als die meisten Bielefelder Direktkandidaten ist Büsing ein Anfänger auf dem politischen Parkett. Erst im Oktober 2011 trat er in die Piratenpartei ein. Ihre Entstehungsgeschichte hatte er zuvor genau verfolgt, „nach der Berlin-Wahl im Jahr 2011 war ich zum ersten Mal bei einem Piraten-Stammtisch”.
Büsing sitzt ruhig auf seinem Stuhl, während er erzählt. Er schaukelt nicht, wippt nicht, verzieht kaum eine Miene. Auch die Stimme hebt er selten - aber wenn, dann wird er richtig leidenschaftlich. Beim Thema Überwachungsstaat zum Beispiel: „Der ist mittlerweile allumfassend. Zeit, dagegen vorzugehen.” Menschen wie Wikileaks-Gründer Julian Assange müssten geschützt, nicht verhaftet werden. Auch Edward Snowden, der die weltweite Spionage des US-Geheimdienstes NSA enttarnte, sei für ihn „eher Held als Verbrecher”.
Dass eine Partei nur Netzpolitik auf der Agenda habe, bestreitet Büsing: Von direkter Bürgerbeteiligung bis zu Wirtschaftsfragen seien fast alle Themen abgedeckt. Das freue ihn, gleichzeitig bedeute es viel Arbeit. Freizeit? Fehlanzeige. „Politik ist zu meinem Quasi-Hobby geworden.” Der letzte Kino-Besuch (»Avatar - Aufbruch nach Pandora«) liegt schon vier Jahre zurück. Die Handlung spielte eine untergeordnete Rolle: „Ich wollte mir die 3-D-Technik im Film anschauen.”
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