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Wiedersehen nach 50 Jahren

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Versmold (upo).
Als Luise Weber vor gut 50 Jahren die Zeitung aufschlägt, wird ihr ganz schwindelig. Durch die Anzeigenseite erfährt sie, dass ihr Sohn Gerhard, Vater von einjährigen Zwillingen und Angestellter einer Bielefelder Textilfirma, in Versmold ein Geschäft eröffnet. "Sie hat kübelweise Tränen vergossen", erinnert sich Gerhard Weber fünf Jahrzehnte später an diesen Schock. Aber ohne Ehrgeiz, Fleiß und eine Portion Risiko komme man, so Weber, eben nicht vorwärts. Und so überzeugt er seine Mutter, indem er in den Folgejahren ein Modeimperium aufbaut, dessen Wurzeln an der Versmolder Münsterstraße liegen.

"Angefangen haben wir in einem Ladenlokal rund einen Kilometer stadtauswärts Richtung Peckeloh", erzählt Weber während der kleinen Feierstunde anlässlich des Jubiläums im Versmolder Gerry-Weber-Store. Dass es Versmold geworden sei, war Zufall. Es sei dort eben eine passende Immobilie frei gewesen.

"Ich habe mich aber anfangs auch bewusst für kleinere Städte interessiert", sagt Weber. Nach und nach habe es dann sieben Filialen von »Weber Moden«, so der Name der damaligen Geschäfte, gegeben. Unter anderem in Bad Rothenfelde, Halle und Lengerich. Weber fuhr regelmäßig nach Paris, um dort Kleidung einzukaufen. "Dieses französische Flair hat die Menschen auf dem Land beeindruckt", sagt Weber.

Eine von ihnen war schon damals Edeltraud Pleitner. "Sie haben mich damals im Geschäft bedient", erinnert sich die 89-Jährige und begrüßt Weber herzlich. "Habe ich Ihnen etwa auch noch den Reißverschluss zugemacht?", erwidert Weber und Pleitner muss herzhaft lachen. Sie sei seit all den Jahren Stammkundin.

Zuvor hat Rotraud Liedtke das Geschäft betreten. Sie sei, so verrät sie, ebenfalls seit 50 Jahren Kundin. "Aber ich trag inzwischen auch mal andere Sachen", sagt sie leise und zeigt etwas verschämt auf ihre Hose.

Die Mode allein hat die Kunden damals in den Versmolder Laden gelockt, aber Weber lieferte noch ein zusätzliches Appetithäppchen. "Ich hatte den Schlagersänger Michael Holm für einen Auftritt verpflichtet", erinnert sich der 73-Jährige. Die Versmolder hätten ihm fast die Schaufensterscheiben eingedrückt, als Holm, der kurz darauf Hits wie »Mendocino« und »Tränen lügen nicht« veröffentlichte, zum Mikrofon griff.

"Ich habe aber sicherlich auch mal Fehler gemacht, nicht alles lief immer glatt", gibt Weber zu. Aber mit Fleiß und Disziplin sei es dann doch immer weiter nach oben gegangen. Tugenden, die der 73-Jährige bis heute, und somit auch nach der Übergabe des Postens des Vorstandsvorsitzenden der Gerry Weber International AG an seinen Sohn Ralf, beherzigt. "Ich stehe um 4.30 Uhr auf und bin im Sommer um 5.15 Uhr auf dem Golfplatz", sagt der gebürtige Haller. Zwar habe er mittlerweile Handicap 15, aber ein Hole-in-One sei bisher nur seiner Frau gelungen.

Nach vielen nostalgischen Erinnerungen und Rückblicken präsentierte Filialleiterin Kerstin Vogelsang den Gästen eine Modenschau mit aktuellen Trends. Und dabei wurde nochmals deutlich, womit Gerhard Weber von Versmold und Halle aus die Modelwelt bereichert hat.


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