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Domian

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von jonas damme

Werther. Spannend wurde es immer dann, wenn es wirklich persönlich wurde - Jürgen Domian, Moderator und nächtlicher Kummerkasten der gleichnamigen WDR-Sendung, war am Samstagabend in der PAB-Gesamtschule zu Gast. 350 Neugierige wollten sich Lesung und Fragerunde nicht entgehen lassen.

Eigentlich war es nicht wirklich sein neues Buch »Richtig leben ... und dann tu, was du willst«, was den Abend spannend machte. Während bei anderen Lesungen der Autor manchmal hinter seinem Werk zu verschwinden droht, ist es bei Jürgen Domian nämlich genau umgekehrt. Der Mann und was er tut sind so spannend, dass seine Bücher dazu dienen, ihm näherzukommen. Insofern war es absolut folgerichtig dem Publikum in einer ausführlichen Fragerunde genug Raum zu lassen.

Vorher rezitierte Domian ausführlich aus den ersten Kapiteln seines neuen Buches, das er ausdrücklich nicht als "Lebensratgeber" verstanden sehen möchte. Dabei hielt er sich nicht mit Geplänkel auf: "Was ist die Welt? Was ist das ich? Was ist nach dem Tod?" waren nur drei seiner Eingangsfragen. Domian will alle großen Probleme lösen und hat dafür mittlerweile in der Hauptsache ein Werkzeug gefunden: den Zen-Buddhismus.

Den hält er dem "westlichen Werteverlust" und der heutigen "Hochzeit des Narzissmus und der Egozentrik" entgegen. "Jeder hält sich heute für ungemein wichtig", las er. Und machte am Beispiel seiner tatsächlichen Talkanruferin Elisabeth klar, das seine Vorstellung von »Richtigem Leben« anders aussieht. Die sterbenskranke Frau erklärte in ihren letzten Lebenstagen, wie sehr sie ihre Karriere immer vor Familie und Freunde gestellt hat. Domian selbst fiel es da schwer, noch tröstende Worte zu finden.

Die über 20 000 persönlichen Gespräche in mehr als 4000 Stunden Sendezeit, haben seine Einstellung durchaus beeinflusst, erläuterte Domian. Begonnen als gläubiger Christ, mit einem Umweg über den Atheismus beschrieb er sich heute als Suchender mit Interesse an Zen und christlicher Mystik. "Stille" sei für ihn wichtig, um die zentralen Dinge zu erkennen.

Ohne feste Regeln auflegen zu wollen, arbeitet sich Domians Buch an den sieben Todsünden ab. Während er den Hochmut zum Beispiel kritisierte, sprach sich der Autor positiv für die (Wol-)Lust aus. Nach dem ersten Drittel der Lesung begann - erst zaghaft - die Fragestunde. "Ich fühle mich oft isoliert, du auch?", wollte der erste Gast wissen (das Duzen setzte sich übrigens, wie in der nächtlichen Talksendung, schnell durch). Eine Frage die Jürgen Domian verneinte.

"Hattest du schon mal Angst, einen falschen Tipp zu geben?", "Wie schaffst du es, dass du nichts mit nach Haus nimmst?", viele Fragen beantwortete Domian wie immer ruhig, selbstbewusst und ohne Tabus.

Tabulos war schließlich auch die Schilderung einiger seiner kuriosesten Anrufe. Da berichtete er von der Frau mit dem Sockenfetisch, Sexorgien, einem speziellen Verhältnis zu Zehennägeln und vielem mehr. Eine Frage, die sich wohl viele Anwesende schon gestellt hatten, beantwortete Domian auch: Er habe nicht vor zum Ende des Jahres, wenn er seine nächtliche Talkshow beim WDR und auf 1live beendet, in den Ruhestand zu gehen. Stattdessen wolle er ein neues, ähnliches Konzept tagsüber weiterführen. "Ich stelle mir das so vor, ich komme irgendwo hin und sage einfach: Ihr könnt jetzt vorbeikommen und mit mir reden", erklärte er.

Kurz bevor Jürgen Domian den Vortrag beendete, wagte er doch noch einen allgemeingültigen Lebensratschlag, der sich auf zwei Sätze zusammenfassen ließ: "Liebt man, so kann man nichts falsch machen. Liebe und dann tu, was du willst."

¦ Der nächste Gast beim Lesefrühling ist Anna Fricke. Sie stellt am 12. Juni um 20 Uhr ihr Buch »Versprich mir einen Kuss« vor. Die 24-jährige Anna Fricke kommt aus Häger. Karten gibt es in der Stadtbibliothek, ` (0 52 03) 88 45 01, und in der Buchhandlung Lesezeichen, ` (0 52 03) 88 44 63, oder lesezeichen-werther@t-online.de.


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