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Vom Saulus zum Paule

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Von Philipp Kreutzer Peckeloh. Dirk Baumann ist am vergangenen Sonntag auf dem Fußballplatz gewesen. Wie immer, könnte man meinen, schließlich ist der Peckeloher seit vielen Jahren als Spieler, Trainer und Zuschauer in der Region unterwegs. Doch diesmal war alles anders: Baumann, 47, hat zum ersten Mal ein Spiel gepfiffen. Auf dem Kunstrasen in Kleekamp leitete er die C-Liga-Begegnung zwischen TuS Solbad Ravensberg II und SV Häger III. Das Spiel endete mit einem 2:1-Erfolg der Gäste, Probleme hatte Baumann bei seiner Premiere als Schiedsrichter nicht. "Ich hatte Spaß, die Mannschaften haben es mir leicht gemacht", bedankt er sich bei den Kickern. Selbstverständlich findet Baumann das nicht. Er ist lange genug selbst Spieler, um genau zu wissen, dass es für Unparteiische auf dem Platz manchmal ziemlich ungemütlich werden kann. "Ich habe ja selbst immer versucht, an die Grenzen des Erlaubten zu gehen, um das Optimum zu erreichen", erzählt er und gibt freimütig zu, "während meiner Laufbahn als Spieler ein sehr großer Kritiker der Schiedsrichter" gewesen zu sein. Nach Stationen bei der Spvg. Versmold und der SG Oesterweg stürmte Baumann, der auf dem Platz meistens mit seinem Spitznamen »Paule« gerufen wird, in den 90er-Jahren für den FC Gütersloh in der Oberliga, der damals dritthöchsten Spielklasse. Später kickte er für die TSG Harsewinkel und dann wieder - auch als Spielertrainer - für die Spvg. Versmold. "Wir haben uns schon manchmal gefetzt mit den Schiris", erinnert er sich, "aber hinterher war es eigentlich immer auch wieder gut."

„Wenn du schon da bist, machst du mit“

Man kann also sagen, dass Baumann gewissermaßen vom Saulus zum Paulus, pardon: zum Paule geworden ist. Ungewöhnlich ist seine sportliche Entwicklung in jedem Fall: Dass jemand wie er, der auch heute noch als Ü 40-Kicker bei Arminia Bielefeld richtig gut mit der Kugel umzugehen weiß, Schiedsrichter wird, passiert selten. Im Fußball gilt für die meisten: Entweder man ist Spieler, oder man ist Schiri. Dabei ist es in beiden Rollen von großem Vorteil, auch die jeweils andere Perspektive zu kennen. "Ich sehe vieles aus der Sicht des Spielers", bestätigt Baumann: "Aber jetzt denkt der Schiri in mir: Stopp! Das entspricht nicht den Regeln." Diese Regeln hat Baumann im Schiedsrichterlehrgang des Fußballkreises Bielefeld verinnerlicht. Von langer Hand geplant war das nicht. "Ich habe nie gedacht, dass ich mal Schiri werden würde", gibt er zu. Dass er es dennoch wurde, kam so: Baumann fuhr seinen Sohn Gianluca zum Lehrgang, denn der wollte sehr gern Schiedsrichter werden. "Von Bielefeld zurück nach Peckeloh zu fahren, lohnte sich zeitlich nicht, denn Gianluca musste ja auch wieder nach Hause gebracht werden", erzählt Baumann: "Also habe ich mir gesagt: Wenn du schon mal da bist, machst du einfach mit."

Gemeinsame Regelabende für Vater und Sohn

Gesagt, getan: Baumann senior und junior absolvierten gemeinsam die sechs Regelabende à rund drei Stunden und legten vor wenigen Wochen die theoretische und die praktische Prüfung ab - Gianluca übrigens als Drittbester des Jahrgangs. Den Schiedsrichterausweis in der Tasche zu haben, biete Vorteile, meint Dirk Baumann, der sich beim SC Peckeloh auch als Jugendcoach engagiert: "Wenn ich mal einen Trainerschein machen sollte, dann muss ich mich um den Schiedsrichterteil nicht mehr kümmern." Ein weiterer angenehmer Nebeneffekt: Schiris genießen in Bundesliga-Stadien freien Eintritt. Zum ersten Einsatz von Baumann senior begleitete Gianluca seinen Vater. Baumann junior, 13 Jahre alt und beim SC Peckeloh auch selbst an der Kugel, wartet noch auf sein erstes Spiel. Er wird zunächst Jugendbegegnungen leiten. Zuvor wird er vielleicht auch die zweite Partie seines Vaters aus nächster Nähe mitverfolgen. Dirk Baumann pfeift am Samstagabend im Versmolder Kurt-Nagel-Parkstadion das A-Junioren-Spiel zwischen JSG Solbad/Versmold und TuS Langenheide. Tags darauf wird er dann mit der Ü 40 des DSC Arminia das Endspiel der Hallenrunde gegen die eigene »Zweite« bestreiten. So gern er jetzt auch Schiri ist: Seine gewohnte Rolle als Torjäger mag »Paule« nicht aufgeben.

INFO

Auf der Suche nach Schiris

In Deutschland gibt es rund 80?000 Schiedsrichter. Bei etwa 100?000 Spielen pro Wochenende reicht diese Zahl jedoch nicht aus. Auch im Fußballkreis Bielefeld werden weiterhin Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter gesucht. Schiri kann werden, wer Mitglied in einem dem DFB angeschlossenen Verein ist. Über den Club erfolgt auch die Anmeldung zu einem Anwärterlehrgang. Das Mindestalter beträgt zwölf Jahre.Weitere Informationen finden Interessenten im Internet auf der Seite www.fussballkreis-bielefeld.de. (pik)

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