Von Rolf Uhlemeier
Halle.
Wie haben sich die Bevölkerungszahlen der Stadt Halle in den vergangenen Jahren entwickelt? Angesichts der enormen Bautätigkeit mit Bachweide, Berghof und Weidenkamp sowie dem beeindruckenden wirtschaftlichen Wachstum könnte man mit dieser Frage sicherlich viele Lindenstädter aufs Glatteis führen. Laut einer aktuellen Statistik des Landesamtes für Information und Technik hat sich die Haller Bevölkerung zum 30. Juni 2014 im Vergleich zum Stichtag 31. Dezember 2013 um fünf Personen auf 21 162 Menschen verringert.Diese Zahlen sind um so erstaunlicher, wenn man sie mit der Entwicklung in der Region vergleicht (siehe Kasten). So liegt der gesamte Regierungsbezirk Detmold ebenso im Plus wie zum Beispiel die Stadt Bielefeld und der Kreis Gütersloh. Im Altkreis Halle Halle weisen Versmold, Steinhagen und Borgholzhausen ebenfalls eine positive Entwicklung in den ersten sechs Monaten des vergangenen Jahres aus. Negativ wie in Halle ist der Trend nur in
Werther.
Die Böckstiegel-Stadt büßte im Vergleichszeitraum wie Halle zwölf Bewohner ein.Olaf Sorge zeigte sich überrascht von den aktuellen Zahlen. Eine Nachfrage des stellvertretenden Fachbereichsleiters Steuerung und innere Dienste bei der Meldebehörde im eigenen Haus bestätigte die Tendenz und ergab sogar ein Minus von zwölf Personen. Ein Blick in die »Buchführung« der Stadt förderte Erstaunliches zu Tage: Es ziehen mehr Menschen nach Halle, als die Lindenstadt verlassen. Auf der Gegenseite übersteigen die Sterbefälle aber deutlich die Zahl der Geburten. Laut Olaf Sorge verzeichnete die Stadt Halle im vergangenen Jahr insgesamt 1128 neue Bürgerinnen und Bürger. Da im gleichen Zeitraum 1092 Menschen die Lindenstadt verließen, ergibt sich ein Plus von 36 Personen.
Gegenläufig ist der Trend bei Geburten und Sterbefällen. 2014 erblickten 167 neue Erdenbürger in der Lindenstadt das Licht der Welt. Dem standen 215 Sterbefälle gegenüber. Per Saldo ergibt sich hier ein deutliches Minus von 48. Verrechnet man das mit den Überhang von 36 Neubürgern, ergibt sich der von Olaf Sorge recherchierte Rückgang der Haller Bevölkerung um zwölf Personen im vergangenen Jahr.
Der überraschende Negativtrend in der Bevölkerungsentwicklung ergibt sich somit durch viele hochbetagte Menschen in der Lindenstadt. Olaf Sorge: "Unser Ziel ist es, einen Gegentrend zu entwickeln und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass junge Menschen und Familien in die Lindenstadt ziehen." Dabei ist es laut Olaf Sorge für die Zukunft enorm wichtig, die Attraktivität der Lindenstadt durch ein stimmiges Gesamtpaket aus Wohnen, Arbeiten und Freizeitgestaltung zu schnüren.
Angesichts der bereits begonnenen Besiedelung des Baugebietes Weidenkamp sowie des in Planung befindlichen Anschlussgebietes Gartnischkamp zwischen Künsebecker Weg und Bahnlinie ist durchaus damit zu rechnen, dass sich der Negativtrend in den kommenden Monaten und Jahren wieder umkehrt.
Klar ist aber auch, dass in Halle weiterhin eine große Nachfrage nach Baugrundstücken besteht, und die wird angesichts der rund 1000 Arbeitsplätze, die in naher Zukunft im Gewerbegebiet Ravenna-Park in Künsebeck entstehen werden, nicht abnehmen. "Wir haben momentan keine Grundstücke mehr im Angebot", sagt Halles Bauamtsleiter Jürgen Keil und verweist darauf, dass die Nachfrage nach Grundstücken nach wie vor sehr hoch ist: "Es gibt einen großen Bedarf an Wohnungen und Immobilien im städtischen Bereich. Aktuell haben wir 60 Familien auf der Liste, die ein Baugrundstück erwerben wollen."
Diesen Trend bestätigt auch Wolfgang Tiekötter, Leiter der Immobilienabteilung der Volksbank Halle: "Wir könnten wesentlich mehr Immobilien und Wohnungen verkaufen und vermieten als wir im Angebot haben. Das ist eine Entwicklung, die wir seit etwa zwei Jahren beobachten." Laut Tiekötter hat sich durch die Expansion der großen Haller Unternehmen wie Storck, Gerry Weber und Baxter eine enorme Nachfrage ergeben. Da auch der Bielefelder Immobilienmarkt sehr angespannt sei, würden Interessenten vermehrt auch in den Speckgürtel des Oberzentrums ausweichen. Wolfgang Tiekötter: "Wenn wir Objekte auf Immobilien-Portalen im Internet anbieten, melden sich oft bereits nach fünf bis zehn Minuten die ersten Interessenten, die ein Exposé zugeschickt bekommen wollen."