von christian Helmig
Halle/Arnsberg. Im Internet kursieren derzeit zahllose Videos, in denen sich Menschen Eiswürfel aus Eimern über den Kopf schütten. Ice Bucket Challenge nennt sich das fragwürdige Vergnügen. Der Haller André Niewöhner und seine fünf Freunde können über diese Art der Herausforderung nur müde lächeln. Beim Tough Mudder (zu Deutsch: harter Schlamm) im sauerländischen Arnsberg nahmen sie es jetzt nicht nur mit Eiswasser, sondern auch mit Elektroschocks, Stacheldraht und diversen anderen Gemeinheiten auf.
Anzughose, schwarzes Oberhemd - so adrett wie André Niewöhner von den Erlebnissen des Wochenendes berichtet, ist es schwer vorzustellen, dass der 42-Jährige zwei Tage zuvor noch schlammverschmiert mit rund 7500 weiteren Hindernisläufern aus aller Welt durch die Wildnis des Sauerlandes gelaufen, gekrochen und gesprungen ist. In seinen Augen aber blitzt sie noch, die Begeisterung. "Es war super. Eine außergewöhnliche Erfahrung und ein unheimlicher Adrenalinkick, wenn man nach über vier Stunden ins Ziel kommt", schwärmt Niewöhner.
18 Kilometer, gespickt mit 23 - teils natürlichen, teils künstlich angelegten - Hindernissen hatten die Muddersöhnchen, so der Kampfname des Haller Teams, in der landschaftlich herrlichen Umgebung des Jagdschlosses Herdringen zu absolvieren. Mit seinen Freunden Kim Krause (30), Guido Hornberg (43) Sven Wellner (43, alle aus
Halle), Karsten Wolf (43)
und Torsten Gronau (43, beide aus Versmold) hatte sich der IT-Architekt rund zweieinhalb Monate auf das Spektakel vorbereitet. Einmal wöchentlich standen gemeinsames Krafttraining und Laufeinheiten auf dem Programm, dazu brachte jeder seine bereits vorhandene individuelle Fitness ein - erworben etwa beim Tennis oder Fußball.Doch Tough Mudder ist nicht nur eine körperliche Belastung. "Es ist vor allem eine Frage des Willens und der Selbstüberwindung", sagt Niewöhner. Etwa wenn es gilt, in vier Grad kaltem Wasser unter einem Brett herzutauchen, über 1,50 Meter breite Matschgruben zu springen oder durch einen Vorhang aus mit bis zu 10 000 Volt geladenen Stromkabeln zu laufen. "Ich hätte nie gedacht, dass da so viel Saft drauf ist", berichtet Niewöhner schmunzelnd. Viele Aufgaben lassen sich dabei nur mit vereinten Kräften überwinden - wie der sogenannte Everest, eine mit Schlamm und Fett beschmierte Rampe.
Dass derartige Strapazen gesundheitlich nicht völlig ohne Bedenken sind, wissen auch die Veranstalter. Sportlern mit Herzproblemen zum Beispiel wird von manchen Hindernissen ausdrücklich abgeraten. Alle Starter müssen vorher eine Haftungsverzichtserklärung unterzeichnen. Andererseits passiert alles auf freiwilliger Basis. "Niemand wird zu irgendetwas gezwungen. Jeder macht mit sich selbst aus, ob er sich ein Hindernis zutraut oder nicht", sagt Niewöhner.
Dazu passt, dass es beim Tough Mudder keine Ergebnisermittlung gibt. "Es ist kein Wettbewerb, sondern eine Herausforderung", betont der Haller. Die sechs Muddersöhnchen haben sie bewältigt und zählten zu den rund 75 Prozent der Starter, die für ihr Ankommen mit einem Bier und einem orangen Frotteestirnband belohnt wurden - Zeichen dafür, dass sich die Teilnehmer bei aller Anstrengung selbst nicht ganz so ernst nehmen und den Spaß in den Vordergrund stellen.
Für zehn Teilnahmen gibt es das gleiche Accessoire übrigens in Schwarz. André Niewöhner und seine fünf unerschrockenen Freunde halten dies durchaus für ein lohnenswertes Ziel. Die Anmeldung für das nächste Jahr haben sie direkt nach dem Zieleinlauf abgegeben.