Im Märchen vom Dornröschen ist die Sache für den Prinzen am Ende ganz einfach. Ein Kuss für die Prinzessin, und die Dornen und Spuren des 100-jährigen Schlafs sind verschwunden. Michael Künsebeck ist kein Prinz und deshalb wird es auch einige Jahre dauern, bis er sein persönliches Dornröschenschloss aus seinem tiefen Schlaf geweckt hat. Immerhin, die meisten der Dornen und anderen Gewächse, hinter denen es geschlummert hatte, sind jetzt schon verschwunden. Zu Tage getreten sind schöne Details, einige Bausünden und etliche schwere Schäden, die jetzt angegangen werden.
"Es ist ein ehrliches Haus. Man sieht, was Sache ist", kann Michael Künsebeck dem Zustand fortgeschrittener Zerstörung auch positive Seiten abgewinnen. Und das ist vermutlich auch die richtige Einstellung, wenn man sich so einer Aufgabe wie der Restaurierung eines Hauses mit rund 250 Quadratmeter Grundfläche widmen will.
Viele Jahre Arbeit
"Fünf bis sieben Jahre", werde die Geschichte dauern, schätzt der Künsebecker Künsebeck. Denn der Pharma-Referent will so viel wie möglich selber machen. Auf sein eigenes handwerkliches Können zu vertrauen hat er bei der Sanierung des elterlichen Anwesens in Künsebeck gelernt.
Erste Aufgabe wird es jetzt sein, zusammen mit einer Spezialfirma das Balkenwerk genau zu untersuchen und es dort zu erneuern oder zu ergänzen, wo das nötig ist. Nur eine Seite der Fachwerk-Deele ist im Originalzustand erhalten. Auf der anderen Seite standen die Kühe auf einem etwas 1,20 Meter hohen Podest, unter dem sich ein - inzwischen zum Glück schon lange leerer - Güllebehälter befindet.
Ein Keller voller Wasser
Voll mit Wasser ist dagegen ein historischer Keller, der unter einigen der Wohnräume liegt. Bei einem etliche Jahre zurückliegenden Sanierungsversuch wurde das Dach abgedeckt und durch eine Art Plane ersetzt, die ausgerechnet an dieser Stelle undicht ist und den Regen ins Haus eindringen ließ. Im daraus resultierenden Schwimm-Keller treiben noch schweigend einige Gläser mit eingemachten Bohnen als Zeugnisse der Arbeit der früheren Bewohner. Ihn einfach zu verfüllen, ist keine Option, denn gerade von diesem Detail zeigt sich der Denkmalschutz sehr angetan.
Es ist nicht die einzige Stelle, bei der das vor Lebensgefahr warnende Schild an der Eingangstür sicher seine Berechtigung hat. Den Böden der oberen Etagen ist sicher auch nicht zu trauen. Doch nach der Arbeit am Tragwerk und der darauf folgenden am Dach wird schon vieles anders aussehen. Zwei große Wohnungen im Erdgeschoss und drei kleinere Ferienappartements im Dachbereich will der 42-jährige Bauherr im Lauf der kommenden Jahre dort entstehen lassen.
Mächtige Kastanie
Der Denkmalschutz, unter dem das Gebäude seit einigen Wochen steht, geht auf seinen Antrag zurück. Nur zu gerne stimmte die Politik in Borgholzhausen diesem Wunsch zu. Die Hoffnung ist groß, dass hier aus einem Schandfleck ein Schmuckstück werden kann.
Wahrzeichen des Hauses könnte eine mächtige Kastanie mit ungewöhnlich weit ausladenden Ästen werden, die im Garten hinter Dornen und Gestrüpp auftauchte. Zwar steht die Untersuchung auf Standfestigkeit noch aus, doch Michael Künsebeck wird einen Baum, den vermutlich schon die Erbauer des Anwesens in Holtfeld vor knapp 250 Jahren gepflanzt haben, sicher nicht leichtfertig aufgeben.
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