Von Frank Jasper
Steinhagen.
Was macht eigentlich Johannes Wiemann-Wendt? Der langjährige Fraktionssprecher der Steinhagener Grünen hatte sich Ende September vergangenen Jahres aus der Lokalpolitik zurückgezogen, wollte kürzertreten. So ganz scheint das nicht funktioniert zu haben. Denn als wenig später Professor Dr. Karl Otto vom Förderverein Nationalpark Senne-Eggegebirge anklopfte, da konnte Johannes Wiemann-Wendt einfach nicht nein sagen. Seit Mai ist er Vorstandsmitglied."Nur weil man keine Parteipolitik mehr macht, legt man ja sein Engagement nicht automatisch ab", sagt Johannes Wiemann-Wendt und klappt einen großen blauen Aktenordner auseinander. Darin hat der Gesamtschullehrer die ersten Unterlagen des Vereins abgeheftet. Im Mai ist Wiemann-Wendt zum Beisitzer gewählt worden. "Jetzt arbeite ich mich in die Materie ein", erklärt er. Bei den Vorstandssitzungen trifft er übrigens auf eine weitere Grünenpolitikerin aus dem Altkreis Halle: Helga Lange hat sich ebenfalls zur Beisitzerin wählen lassen.
"Ein Nationalpark Senne", davon ist Wiemann-Wendt überzeugt, "hätte für die gesamte Region einen positiven Effekt. Denn er würde viele Besucher anziehen, den Tourismus ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen.
Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg. Denn bekanntlich wird das etwa 12 000 Hektar große Kernstück noch als Truppenübungsplatz von den britischen Streitkräften genutzt. Genau diese Nutzung hat dafür gesorgt, dass die Landschaft seit 1892 von intensiver Landwirtschaft, Siedlung- und Straßenbau verschont geblieben ist. "Da existieren wertvolle Biotope - unter anderem Heideflächen, wie sie früher einmal auch für Steinhagen kennzeichnend waren", berichtet Johannes Wiemann-Wendt.
Nach Angabe des Vereins Nationalpark Senne-Eggegebirge finden sich in dem Gebiet mehr als 5000 Pflanzen- und Tierarten, davon mehr als 500, die auf der sogenannten Roten Liste als bedrohte Arten geführt werden. Der seltene Schwarzstorch hat dort ein sicheres Brutrevier gefunden, ebenso der Ziegenmelker, die Heidelerche und die Bechsteinfledermaus.
"Voraussichtlich 2017 wollen die Briten abziehen. Dann wird die Bundeswehr entscheiden, ob sie noch Flächen benötigt", zeigt Johannes Wiemann-Wendt die anstehende Entwicklung auf. Gesellschaftlicher Konsens sind die Nationalpark-Pläne nur bedingt. Zwar hat sich der nordrhein-westfälische Landtag bereits 1991 für die Errichtung eines Nationalparks nach Beendigung der militärischen Nutzung ausgesprochen, doch vor Ort regt sich Widerstand. Vor allem die Waldbauern fürchten um ihre Flächen, die in einem Nationalpark nicht mehr bewirtschaftet werden dürften. Denn geht es nach den Nationalparkbefürwortern, dann könnte auf 60 Prozent des Geländes statt der naturfernen Wirtschaftswälder ein artenreicher Urwald entstehen.
"Da muss man Kompromisse finden und über Flächentausch nachdenken", schlägt Johannes Wiemann-Wendt vor. Er sieht vor allem den Nutzen eines Nationalparks, der seiner Meinung nach weit in die Region ausstrahlen würde. Genau deshalb engagiert sich der Steinhagener in dem Verein. "Der betreibt - wenn man so will - Lobbyarbeit für den Nationalpark", erklärt Johannes Wiemann-Wendt. "Es geht darum, schon jetzt daran zu denken, die Flächen gegen anderweitige Nutzungen zu sichern."
Zwar sind die Auflagen für einen Nationalpark besonders streng und reichen weiter als bei einem Naturpark oder einem FFH-Gebiet, aber ein Nationalpark ist durchaus zugänglich für Besucher. "Aber natürlich", bekräftigt Wiemann-Wendt, "es geht doch gerade darum, Natur erfahrbar zu machen." Auf ausgewiesenen Wegen, darf gewandert, geradelt und geritten werden. Von schonendem Tourismus ist die Rede.
"Der könnte der Region auch guttun, wenn man bedenkt, wie viele Bäder es in der Ecke gibt. Dass immer weniger Kuren verschrieben werden, bekommen Kommunen wie Bad Lippspringe, Bad Driburg oder Horn-Bad Meinberg zu spüren. Sie würden von einem Nationalpark profitieren, der neue Akzente setzten würde", ist der ehemalige Grünenpolitiker überzeugt.
Keine Frage: Die Leidenschaft, mit der Johannes Wiemann-Wendt in Steinhagen Politik gestaltet hat, legt er auch in sein neues Betätigungsfeld. "Vielleicht biete ich auch mal eine Wanderung oder eine Radtour durch die Senne für interessierte Steinhagener an. Auf jeden Fall würde ich mich über weitere Mitstreiter aus Steinhagen freuen", sagt er und klappt den blauen Nationalpark-Aktenordner zu.