„Gläubige zu Läufern zu machen ist einfacher als Läufer zu Gläubigen”, meinte Dr. Frank Hofmann lächelnd. Er selbst läuft seit 1995 regelmäßig. Einen religiösen Aspekt hat die Sportart für ihn aber erst später bekommen. Als Sohn streng gläubiger Eltern wandte er sich als Jugendlicher völlig vom Glauben ab. Er studierte Philosophie, weil ihn die großen Fragen des Daseins irgendwie doch beschäftigten und arbeitete seit 1983 als Journalist. Ein Interview mit Margot Käßmann für das Magazin »Runner’s World« war einer der Impulse, die ihn zu der Überzeugung führten, dass Laufen und Glauben zusammengehören können. „Damals dachte ich: Eine joggende Bischöfin - ob das die Sportmagazin-Leser interessiert? Ist vielleicht etwas für die Adventsausgabe.” Doch im intensiven Gespräch bewegte Käßmann etwas im Kopf von Dr. Hofmann, als sie ihm berichtete, dass sie Laufen als meditative Praxis nutzt.
Seit 2012 bezeichne er sich als evangelischer Christ und wolle nun möglichst viele Menschen über die Wohltat des Joggens für Geist und Seele aufklären. In seinem Vortrag nahm Dr. Hofmann die Zuhörer mit auf eine biblische Exkursion. An Bibeltexten zeigte er auf, dass Propheten und Heilige oft sehr weite Strecken liefen, um sich zu entwickeln und um zu Erkenntnissen zu gelangen. „Christ sein heißt: in Bewegung sein”, projizierte Hofmann in fetten Lettern an die Wand.
Sein Publikum, größtenteils selbst Läufer, musste er wohl nicht von den positiven Auswirkungen des Joggings auf den Körper überzeugen. Aber wie kann es zu einem spirituellen Erlebnis werden? „Heutzutage leben wir in fremdbestimmten Geschwindigkeiten”, erklärte der Experte. Beim Laufen komme jeder in seinen eignen Grundrhythmus, habe Zeit nachzudenken und Gefühle wie eins zu sein mit der Umgebung stellen sich ein. Zudem werde beim Ausdauersport die Gehirntätigkeit besonders angeregt.
„Ich habe meine besten Gebete im Laufen”, verriet Simon Wolter, Gemeindereferent im Pastoralverbund Stockkämpen, der zusammen mit Christian Gnida von der katholischen Familienbildungsstätte Bielefeld die Veranstaltung initiiert hatte. „Ich habe schon lange nach so etwas wie dieser Vortrags-Thematik gesucht. Als ich dann auf die Internetseite von Dr. Hofmann stieß, war ich gleich begeistert”, erzählt Wolter im Gespräch mit dem Haller Kreisblatt.
Mit Begeisterung gingen auch die Teilnehmer nach der Theorie zur Praxis über. Beim Joggen durch Steinhagen versuchten sie, das »Vaterunser« zu beten und Gebetssilben mit Ein- und Ausatmen zu verbinden. Auch wenn das anfangs ungewohnt schien, so werden einige vielleicht zukünftig beim Laufen in sich gehen, eine Laufliturgie entwickeln und sich nach dem Laufen im Einklang mit Körper, Geist und Seele fühlen.
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